Kolumne am Mittag «La Boum» – als mir Sophie Marceau den Kopf verdrehte

Von Bruno Bötschi

31.7.2020

Die französische Teenager-Komödie «La Boum» machte Sophie Marceau vor 40 Jahren berühmt. Die Schauspielerin verdrehte schon mit 14 Jahren allen den Kopf – auch dem Kolumnisten.

Ob sie zur Party von Raoul eingeladen werden, das wissen die beiden Schülerinnen Vic und Pénélopé nicht, noch nicht. Doch allein die Vorstellung bringt sie zum Schreien. Als sie schliesslich gefragt werden, tun die beiden Mädchen ziemlich uninteressiert – doch kaum ist der Junge verschwunden, geht das Gejohle los.

Das ist eine Szene aus dem französischen Kinohit «La Boum – Die Fete» aus dem Jahr 1980. Und der zeichnet gar kein emanzipiertes Frauenbild, wenn man auf den Bechdel-Test vertraut. Der Test zeigt, wie eigenständig Frauen in Filmen dargestellt werden: Ob sie als Hauptfiguren unabhängig von männlichen Rollen agieren.

Das tun die Frauen in «La Boum» nicht. Nur: Das realisierte ich nicht, als der Film vor 40 Jahren in den Schweizer Kinos lief.

Ich war 13 und unsterblich in Vic verliebt. Sie war keck, frech und besass das schönste Lächeln. Und der Bechdel-Test wurde sowieso erst fünf Jahre später von der gleichnamigen US-amerikanischen Cartoon-Zeichnerin erfunden.

Herzschmerz pur

Für Sophie Marceau war die Rolle der Vic der grosse Durchbruch. In meiner Schulklasse waren neun von zehn Buben in Vic verliebt, und fast alle Mädchen wollten wie sie sein. Enges Tanzen, der erste Zungenkuss, ein Walkman, das war damals etwas völlig Neues. Und dazu noch der Schmusesong «Reality» des britischen Sängers Richard Sanderson. Herzschmerz pur.

Sie war keck, frech und besass das schönste Lächeln: Sophie Marceau als Vic.
Sie war keck, frech und besass das schönste Lächeln: Sophie Marceau als Vic.
Bild: Getty Images

«La Boum», das waren grosse Gefühle und wunderbar zuckersüsse Lieder. Im Film reiht Party an Party und schildert dabei die liebestollen Verwirrungen einer Teenagerin und ihrer Eltern. Die Erwachsenen gehen fremd, die Mutter verwüstet lustvoll den Parfümladen der Geliebten ihres Mannes. «La Boum» ist dennoch ein ziemlich optimistischer Film übers Erwachsenwerden und -sein.

Hauptdarstellerin Sophie Marceau wurde den Teenie Vic später kaum wieder los – es ging ihr ähnlich wie Jahre zuvor Romy Schneider mit der Kaiserin Sissi. Vic wirkt in dem Film reifer als die anderen Mädchen und die meisten Buben, schliesslich ist sie auch grösser. In einer der letzten Einstellungen des Films tanzt sie eng umschlungen mit ihrem Freund, doch ihre Blicke verschlingen bereit einen anderen Jungen.

Die Berliner Tageszeitung «Taz» beschrieb das einmal so: «Zugleich deutet sie die Durchtriebene an: mit dem einen tanzen, den Nächsten schon anschmachten, mit ihrem unnachahmlichen Sophie-Marceau-Blick. Süss. Dreams are my reality. Träume sind meine Wirklichkeit. Die Realität ist nicht meine Wirklichkeit.»

Ach ja, würde man im Bechdel-Test nicht nach den Frauen-, sondern nach den Männerrollen fragen, dann wäre «La Boum» ebenso durchgefallen: Denn auch die Buben reden ständig über nichts anderes als über Mädchen.

«Träume sind meine Realität
Ich träume gerne von dir nahe an mir
Ich träume von Liebe in der Nacht
Und dich zu lieben, scheint richtig zu sein
Vielleicht ist das meine Realität.»

Auf Deutsch übersetzte Textzeilen aus dem Song «Reality» von Richard Sanderson.


Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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