Eveline Hasler«Nichts interessiert mich so wie Menschen, die wirklich gelebt haben»
Von Eva Pfirter, Keystone-SDA
21.4.2021 - 06:54
«Liebe ist ewig, doch nicht immer beständig»: In ihrem neuen Buch versammelt Eveline Hasler zwölf Geschichten über zwölf Berühmtheiten, die die Liebe früher oder später ins Tessin führte.
Von Eva Pfirter, Keystone-SDA
21.04.2021, 06:54
21.04.2021, 07:39
Eva Pfirter, Keystone-SDA
Der zweite Teil des Buchtitels liegt der Autorin und Wahltessinerin am Herzen; er sei wie ein kleiner Hohn auf den ersten, sagt Eveline Hasler gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die 87-Jährige, die mit ihren leuchtenden Augen und ihren blonden Locken deutlich jünger wirkt, blickt in ihrem Garten in Ronco sopra Ascona über den Lago Maggiore. Gerade der Nachsatz «doch nicht immer beständig» zeige, dass es in der Liebe «kürzere und längere Ewigkeiten» gebe – und das sei auch richtig so.
Ihre Wahlheimat Tessin kenne verschiedene Wirklichkeiten, die «friedlich ineinander wachsen», wie Hasler im Prolog des Buches schreibt. «Das Himmlische und das Irdische sind hier nicht so stark voneinander getrennt», sagt sie im Gespräch.
Mit historischem Hintergrund
Hasler erzählt in ihrem Buch zwölf Liebesgeschichten mit historischem Hintergrund: Da ist zum Beispiel die ungelebte Liebe von Else Lasker-Schüler zu einem Tessiner Politiker.
Obwohl dieser von Lasker-Schülers Gefühlen höchstens ahnen konnte, habe diese stille Liebe zu dem verheirateten Südländer die Dichterin während vieler Jahren «genährt», wie Hasler sagt. «Else Lasker-Schüler hat furchtbare Dinge erlebt. Als jüdische Schriftstellerin wurde sie jahrelang verfolgt – ein Umstand, der andere kaputt gemacht hätte.» Doch Lasker-Schülers Gefühle hätten sie widerstandsfähiger gemacht, zeigt sich Hasler überzeugt.
Haslers Geschichten lesen sich leicht und muten ein wenig wie ein verträumter Spaziergang durchs Tessin an. Gemeinsam mit den Protagonisten erleben die Lesenden Ascona Anfang der 1940er Jahre, das wilde Onsernonetal in den 1930er Jahren oder Montagnola ob Lugano, als Hermann Hesse dort war. Manchmal überwiegt ein schwärmerischer Ton, hier und dort klingt ein kitschverdächtiges Element an.
«Sehnsuchtsort» Tessin
Die gebürtige Glarnerin Hasler stützt sich für ihr jüngstes Werk wie für ihre Romane auf überlieferte Briefe, Notizen, Tagebücher. Diese ergänzt sie mit fiktionalen Elementen, oder wie sie sagt: «Ich versuche aufgrund der Quelle hinzuhorchen und beim Schreiben das psychologische Ganze und den Zeitgeist mit einzubeziehen.»
Gemeinsamer Nenner der Geschichten ist der Südkanton, in dem Hasler seit einem Vierteljahrhundert lebt. Seit ihrer Kindheit, in der sie mit der Mutter Ascona kennengelernt hatte, sei das Tessin ihr «Sehnsuchtsort» gewesen. Besonders angetan hat es ihr die örtliche Flora: «Die Natur ist hier sehr stark. Fast stärker als der Mensch!»
Wie sehr sie die Südschweiz liebt, zeigt auch der sehr persönliche Prolog in ihrem Buch. Bisher sei sie sehr zurückhaltend gewesen mit Informationen zu ihrem Leben, sagt Hasler. Aber bei diesem Buch habe sie erklären wollen, wieso sie gerade diese Geschichten aus dem Tessin erzähle: «Nichts interessiert mich so wie Menschen, die wirklich gelebt haben. Denn nichts ist so phantastisch wie die Wirklichkeit.»
Auch im Gespräch zeigt sich Hasler als lebhafte Erzählerin, die gerne in bunten Bildern malt. Zwischendurch lacht sie immer wieder laut heraus, was ihr etwas Mädchenhaftes verleiht.*