Die Kolumne Die Zeit läuft - und ich mit ihr

Mara Ittig

25.3.2018

Die Zeit: Unerbittlich. Oft zu schnell, manchmal zu langsam.
Die Zeit: Unerbittlich. Oft zu schnell, manchmal zu langsam.
Bild: Getty Images

Manchmal sehe ich Fotos von mir und denke: Gopf! Wieso sehe ich auf dem Bild von vor ein paar Jahren so jung aus? Wahrscheinlich, weil ich so jung war. Oder schlimmer noch: Wieso sehe ich auf Bildern von heute so alt aus? Wahrscheinlich ahnen Sie es schon...

Kürzlich streifte ich seit einiger Zeit wieder einmal meine Lieblingsuhr übers Handgelenk. Der silberfarbene Chronograph musste die letzten Monate im Dunkel der Schmuckschatulle verbringen, da ich momentan auf der Roségold-Welle surfe, zumindest, wenn es um Schmuck geht.

Dabei kam mir der Gedanke, dass ich diese Uhr nun schon länger habe, als ich sie nicht habe. Sie war ein Geschenk meiner Eltern zu meinem 18. Geburtstag. Meine Wahl fiel auf ein Männer-Modell aus Chromstahl von Tag Heuer.

Seither werde ich von Männern um meine schöne Uhr benieden. Und schön finde ich sie immer noch. Was man garantiert nicht von allem behaupten kann, das ich mit 18 ausgesucht habe (ich wollte mir eine gelbe Rose ins Dekolletee tätowieren lassen, nur um mal den Rahmen abzustecken).

Man sieht ihr die Zeichen der Zeit langsam an - ich liebe sie trotzdem heiss und innig.
Man sieht ihr die Zeichen der Zeit langsam an - ich liebe sie trotzdem heiss und innig.
Bild:  privat

Meine Uhr war mir über all die Jahre eine treue Begleiterin: Unaufdringlich war sie stets zur Stelle, wenn nötig – wie eine erstklassige Mitarbeiterin in einem wirklich guten Hotel. Sie war mit mir auf den Twin Towers in New York, im Indischen Ozean, im Gebärsaal, auf dem Standesamt.

Zähneknirschend und grenzenlos loyal habe ich blödsinnig hohe Summen in ihre Reparatur investiert, denn wasserdicht ist nicht gleichbedeutend mit im Meer baden. Immerhin weiss ich jetzt, dass Salzwasser einer Uhr zusetzt.

So sinnierend über Uhren und Zeit kam mir der Gedanke, dass ich selbst ja folgerichtig länger erwachsen bin als nicht. Der Besitz der Uhr markiert meinen Übergang vom Kind zur Frau, wenn wir es mal pathetisch formulieren wollen. Und dass das ja eigentlich die bedeutendere Erkenntnis ist.

Nur: Wie finde ich das jetzt?

Tatsächlich fühle ich mich einigermassen erwachsen. Lange Zeit wähnte ich mich total jung, obwohl mir mein Jahrgang bereits etwa anderes zuraunte. Jahrelang hatte ich das Gefühl, doch gerade erst die Matura gemacht zu haben – was rein rechnerisch einfach nicht aufgeht.

Das trifft eindeutig nicht mehr zu. In den letzten Jahren meines Lebens ist so viel passiert: Hochzeit, Kinder kriegen und grossziehen, Zügeln, Arbeiten, Jobwechsel, Stadtwechsel, Reisen ans andere Ende der Welt – dass ich fast schon überrascht war, dass ich erst knapp ein Jahr länger erwachsen bin in meinem Leben als nicht.

Es kam mir irgendwie länger vor.

Bluewin-Redaktorin Mara Ittig fühlt sich an manchen Tagen sagenhaft jung - und dann wieder steinalt, ist aber insgesamt überrascht, dass sie in ihrem Leben nun knapp länger erwachsen ist als nicht. 
Bluewin-Redaktorin Mara Ittig fühlt sich an manchen Tagen sagenhaft jung - und dann wieder steinalt, ist aber insgesamt überrascht, dass sie in ihrem Leben nun knapp länger erwachsen ist als nicht. 
Bild:  privat
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