Berufsstand in Gefahr Reto Lerch: Ein Bodensee-Fischer kämpft ums Überleben 

Nicolai Morawitz

5.7.2018

Er fischt in dritter Generation auf dem Bodensee: Reto Leuch trotzt täglich Wind und Wetter, um Fische in sein Netz zu locken. Jetzt ist allerdings sein ganzer Berufsstand in Gefahr. Schuld sind die Kormorane und die fehlenden Nährstoffe. 

Jeden Morgen ist Reto Leuch aufs Neue gespannt, wie viele Fische ihm ins Netz gegangen sind. Der Thurgauer Fischer steuert im Morgengrauen die Netze im Bodensee an, die er am Vortag ausgeworfen hat. Doch in den letzten Jahren macht er immer schlechtere Fänge. 

Der Phosphorgehalt im See sei so stark zurückgegangen, dass Plankton nur wenig wachsen könne, erklärt Leuch an seinem Heimathafen in Landschlacht. Deshalb hätten die Fische wiederum wenig Nahrung.

Teilweise würden die Klärwerke rund um den See ihre Arbeit «zu gut»machen, so Leuch. Der Filtergrad des Wassers sei einfach zu hoch.

Kormoran verschärft die Krise

Kopfschmerzen bereitet den Bodenseefischern ausserdem eine Vogelart: Der Kormoran fühlt sich am Bodensee wohl und der Bestand wächst. Im vergangenen Jahr ist die Population laut der Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) auf über 500 angestiegen. 

Hat sich mit dem Apfelanbau ein zweites Standbein aufgebaut: Fischer Reto Leuch.
Hat sich mit dem Apfelanbau ein zweites Standbein aufgebaut: Fischer Reto Leuch.
Bluewin/mn

Die Kormorane würden «gewaltige Mengen» Fisch aus dem See fressen, die den Fischern wiederum fehlen, so Leuch. Früher sei der Kormoran nur ein Wintergast am See gewesen. Er erinnert sich noch an seine Anfangszeit als Fischer, als er im Spätsommer und Herbst sogar Absatzprobleme für den Fisch hatte. So voll waren die Netze. 

Heute sei es ein «Trauerspiel», wenn nicht einmal die Beizen und Restaurants am See mit dem einheimischen Fisch beliefert werden können.

Träges Dreiländereck 

Um die Situation für die Fischer am Bodensee zu verbessern, braucht es immer die Einwilligung von drei Ländern - keine leichte Ausgangslage. Es dauere relativ lang, bis etwas umgesetzt wird, findet Leuch. Häufig seien die Fischer dann die Leidtragenden. 

Was den Kormoran betreffe, so könne sich die Lage schon ein wenig verbessern, wenn der Vogel beim Brüten «vergrämt» werde. Doch mit diesem Schritt sind vor allem Naturschützer nicht einverstanden.

Leuch kann so lange nicht warten. Er hat rechtzeitig vor der schweren Fischerei-Krise in einem anderen Zweig sein Geschäft aufgebaut: dem Apfelbau. Stolz zeigt er vom Fischerboot aus auf den Hang oberhalb von Landschlacht. Auf acht Hektaren reifen dort gerade Äpfel heran, die er im Herbst ernten will. 

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