Benjamin Blümchens Erfinderin «Ruhestand ist ein Bäh-Wort»

Von Sulamith Ehrensperger

15.5.2021

Benjamin Blümchen, der sprechende Elefant
Benjamin Blümchen, der sprechende Elefant
Bild. DVD, Benjamin Blümchen, Kiddinx Studios GmbH

«Törööö!» hat Elfie Donnelly berühmt gemacht: Der Kult-Elefant Benjamin Blümchen ist einer ihrer grössten Erfolge. Die Autorin über Kinderhelden, Karl-May-Bücher und Kirchtürme. 

Von Sulamith Ehrensperger

15.5.2021

Auf dem Land, zu Wasser, in der Luft und sogar im Weltall: Benjamin Blümchens Erlebnisse führen ihn von Neustadt über ferne Länder bis ins Universum. Der sprechende Elefant gehört zu den bekanntesten Kinderbuchhelden im deutschen Sprachraum. 

Kreiert wurde der Dickhäuter im Jahr 1977 von der britisch-österreichischen Autorin Elfie Donnelly, die auch die Schöpferin von Bibi Blocksberg und Draculino ist. All den Kassettenkindern der 70er und 80er Jahre wird noch heute ganz warm ums Herz. Benjamin Blümchen und seine Freunde liefern aber auch in der Corona-Krise Gesprächsstoff: Die rasende Reporterin Karla Kolumna etwa wurde missbraucht, um Journalisten zu diskreditieren

Elfie Donnelly, Benjamin Blümchen ist einer der grössten und gutmütigsten Kinderzimmerhelden. Was macht ihn so unvergänglich?

Ein Wesen, das sich für die Rechte der Schwächeren einsetzt und auf Seiten der Gerechtigkeit steht, ist einfach zeitlos. Kinder, und übrigens nicht nur die, wünschen sich den starken Beschützer, der für ihre Interessen eintritt, heute ebenso wie vor 40 Jahren.

Die neueren Geschichten stammen nicht mehr aus Ihrer Feder, die Rechte an den Hörspielen hatten Sie etwa zehn Jahre nach der ersten Veröffentlichung verkauft. Wie erleben Sie Ihre Figur heute?

Über Elfie Donnelly
Elfie Donnelly
Willi Schneider/People Picture GmbH

Elfie Donnelly ist in London geboren. Die österreichisch-englische Autorin hat zahlreiche Kinderbücher, Hörspiele und Drehbücher geschrieben. Ihre grössten Erfolge sind die Figuren Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen. Für «Servus Opa, sagte ich leise» erhielt sie den Deutschen Jugendliteraturpreis, für das Drehbuch den Adolf-Grimme-Preis. Donnelly lebt mit ihrem Mann Paul seit vielen Jahren auf Ibiza.

Abgenommen hat Benjamin jedenfalls nicht. Aber ich weiss nicht einmal, ob er noch politisch unkorrekte Zuckerstückchen isst. Ich kann das gar nicht beurteilen, denn ich höre seit Jahren weder Benjamin-Blümchen- noch Bibi-Blocksberg-Hörspiele, auch nicht Bibi und Tina. Ich weiss es schlicht nicht.

Waren Sie eigentlich das Vorbild für die rasende Reporterin Karla Kolumna? Sie haben früher auch mal als Journalistin gearbeitet.

Nein, das Vorbild für Karla Kolumna war eine gute Freundin, die damalige SFB-Kinderfunk-Chefin Dr. Karla Krause von Fumetti. Sie freut sich heute noch darüber.

Stimmt es, dass Sie mit dem fiktiven Ort Neustadt, in dem die Geschichten spielen, die Welt im Kleinen abbilden wollten?

Hört sich gut an. Ich habe das nicht bewusst geplant. Kann sein ... kann nicht sein ... 

… dann würde Benjamin Blümchen also auch die Corona-Krise meistern?

Natürlich. Er würde riesige Masken tragen, vor allem aber würde er sich impfen lassen, sobald Elefanten an der Reihe sind. Im Interesse der Allgemeinheit – um sich und andere zu schützen.

Sehen Sie die Rollenbilder aus Ihren Geschichten von damals heute kritischer?

Times are changing. Natürlich. Ich war auch ein Kind meiner Zeit, die Emanzipation nahm erst langsam Fahrt auf.


Millionenfach geschaut: Benjamin Blümchen war schon Feuerwehrmann und hat auch viele andere Berufe ausprobiert.

Bild: YouTube


Ich habe gehört, dass Sie noch weit weg vom Ruhestand sind. Was beschäftigt Sie gerade?

Ruhestand ist ein Bäh-Wort. Ich schreibe gerade an den Entwürfen für eine Fernsehserie «Draculino», die in etwas längerer Form auf Audible als Hörspiele verfügbar ist. Bisher nur die ersten beiden Staffeln, die dritte und letzte geht in zwei Monaten online. «Draculino» ist der siebenjährige italienische Waisenjunge Luca, der von einem gutmütigen Vampir-Ehepaar adoptiert wird, nachdem er bei einem Unfall seine Vorderzähne verloren hat. Er gerät in Lebensgefahr, als der grössenwahnsinnige Braunvampir, ein ausgemachter Faschist, ihm und allen Kindern nach dem Leben trachtet.

In den letzten 40 Jahren haben sich Konsum- und Medienverhalten stark verändert. Ist es heute schwieriger, noch neue Kindergeschichten zu erfinden?

Das Erfinden ist nicht das Problem, der Fantasie sind niemals Grenzen gesetzt, weder zeitlich noch räumlich. Die Veröffentlichung ist eine andere Sache in einer schnelllebigen Download-Zeit.

Was macht eine gute Kindergeschichte aus?

Wenn ein Kind glänzende Augen bekommt und mit in die erfundene Welt abdriftet, ist die Geschichte gut. Sie kann – wie in Grimms Märchen – zwar das Fürchten lehren, braucht aber ein zuversichtliches Happy End.

Welches war Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Alle Karl-May-Bücher, «Junger Mann in Afrika», «Onkel Toms Hütte», die «Trotzkopf»-Bände. Über Florence Nightingale, Henry Dunant ...

Und welche Bücher haben Sie Ihrem Sohn vorgelesen?

Meinen Söhnen habe ich viele englische Bücher vorgelesen, mein jüngerer liebte «House by mouse», «Alice in Wonderland» , aber auch die Räuber-Grapsch-Bücher. Und dann alles, was bei Beltz und Gelberg erschien.

Zurück zum sprechenden Elefanten: Woher kam die Inspiration für Benjamin Blümchen? Hat Sie damals wirklich ein Kirchturm im Allgäu inspiriert?

Genau. Ein Dorf unweit Füssen. Dem Kirchturm fehlte der Wetterhahn. Da müsste man doch einen Elefanten hochhieven ... 

Wenn Sie noch einmal eine Benjamin-Blümchen-Folge schreiben würden, welchen Titel würde diese tragen?

Benjamin rettet den Regenwald, zum Beispiel... Seine Welt wäre leider mit noch mehr Problemen belastet – die er lösen oder zu deren Lösung er beitragen würde.