100 Jahre Wasserski So erfand ein Amerikaner zwei Trendsportarten zugleich

iw, sda

29.6.2022 - 00:00

Sie hatten Ihren Auftritt auch dem Amerikaner Ralph Samuelson zu verdanken: Der Wasserski-Club Cham führt an der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit SAFFA 58 am 19. August 1958 in Zürich Kunststücke auf. 
Sie hatten Ihren Auftritt auch dem Amerikaner Ralph Samuelson zu verdanken: Der Wasserski-Club Cham führt an der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit SAFFA 58 am 19. August 1958 in Zürich Kunststücke auf. 
Bild: Keystone/Photopress-Archiv/Jules Vogt

1922 Jahren glitt Ralph Samuelson als Erster überhaupt auf zwei Brettern übers Wasser. Heute machen es ihm 30 Millionen Menschen nach – doch der Erfinder geriet für lange Zeit in Vergessenheit.

Keystone-SDA, iw, sda

Ralph Samuelson war gleichsam auf dem Wasser zu Hause.

Den Sommer verbrachte er in und auf dem Lake Pepin in Minnesota. Am liebsten liess er sich vom Motorboot seines Bruders auf einem grossen Holzbrett übers Wasser ziehen. Im Winter fuhr er Ski. Das müsste eigentlich auch auf dem Wasser funktionieren, sagte er sich.

Er versuchte es mit normalen Ski. Ging nicht. Auch Fassdauben versagten. Also liess er sich zwei Bretter im Format 240 mal 23 Zentimeter zimmern. Die Enden bog er hoch, indem er die Latten stundenlang im Waschkessel seiner Mutter heiss einweichte.

Es folgten wochenlang misslungene Versuche, die Samuelson zum Gespött der Dorfjugend machten.

Bis zu dem ominösen 29. Juni 1922, als er begriff, dass er die Spitzen beim Fahren stark nach oben halten musste. Erst blieb er nur ein paar Meter aufrecht, dann wurden es immer mehr, schliesslich war er so gut, dass er Schaulustige aus der ganzen Gegend anzog.

One-Man-Show bringt Touristen ins Dorf

Eines Tages riss ihm eine vorbeiflitzende Yacht den einen Ski weg. Aber Samuelson hielt sich über Wasser und erfand auf einem Ski nebenbei den Wasserski-Slalom. Gern wäre er schneller gewesen, das hätte ihm bessere Kunststücke ermöglicht.

Aber das Boot seines Bruders fuhr nur 30 Stundenkilometer. Der Pilot eines Wasserflugzeugs, der Passagierflüge anbot (Walter Bullock) liess sich überreden, Samuelson mit seiner Kiste übers Wasser zu ziehen: Der Junge köderte ihn mit dem Hinweis, die Nummer wäre doch gute Werbung fürs Geschäft.

War es. Auch für dasjenige von Samuelson. Mittlerweile kam so viel Publikum, dass in seinem Wohnort Lake City ein regelrechter Tourismus entstand. Die Gemeinde sponserte dem blonden Draufgänger und seinem Bruder zum Dank das Benzin.

Ausserdem wurde ein Pavillon am Ufer errichtet, in dem eine Band Samuelsons Darbietung musikalisch begleitete. Und die war mittlerweile recht kunstvoll und beinhaltete Sprünge über eine mit Speck eingeriebene Schanze.

Dornröschen-Schlaf als Truthahnfarmer

Nach fünf Jahren war alles vorbei: Der Wasserski-Pionier verletzte sich den Rücken, zog von Lake City weg, wurde ein erfolgloser Truthahnfarmer und ging vergessen.

Seine Wasserski patentieren zu lassen, fiel ihm nicht ein. Nachdem 1925 der New Yorker Fred Waller Wasserski zum Patent angemeldet hatte, galt dieser fast vier Jahrzehnte lang als Erfinder der Sportart.

Bis die Journalistin Margaret Mason in ihren Ferien am Lake Pepin Samuelsons Latten aufgehängt sah mit dem Hinweis «Die ersten Wasserski der Welt».

Mason liess sich den Namen des Urhebers geben und suchte mit einer Zeitungskolumne nach Samuelson. Nach ausführlichen Interviews verfasste sie zwei Beiträge über ihn. 1965 anerkannte auch die American Waterski Association den glücklosen Wassersportler als Erfinder des Geräts.

Die Wasserprinzessin aus der Schweiz

An der Entwicklung der Sportart war die Schweiz nicht unwesentlich beteiligt:

Der Internationale Wasserski und Wakeboard Verband (IWWF) wurde 1947 in Genf gegründet mit einem Schweizer als Präsidenten. Seither haben vier weitere Schweizer den IWWF geleitet, zuletzt 2001 bis 2017 Kuno Ritschard aus Unterägeri ( †2021). Der Schweizer Peter Frei ist gegenwärtig Kassenwart des Weltverbands.

Und mit der Genferin Marina Doria hat die Schweiz eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Wasserskisports hervorgebracht. Sie war die erste und bisher einzige Schweizerin, die Weltmeisterin wurde. In verschiedenen Wasserski-Disziplinen eroberte sie 1955 und 1957 vier Weltmeistertitel.

Ausserdem war sie die Muse des Westschweizer Malers Emile Chambon, der sie in wunderschönen Gemälden wie «La championne de ski nautique, Marina Doria, 1956» und «Jeune fille aux mouettes, 1957-61» verewigte.

Doch ihr Herz schenkte sie einem anderen: dem italienischen Prinzen Viktor Emanuel von Savoyen. Die beiden waren 16 Jahre lang verlobt, bevor sie 1970 heirateten. Die Ehe hält bis heute.


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