Wo liegt das Problem? Fair Fashion: Alle finden sie toll, niemand trägt sie

Mara Ittig

29.9.2018

Weniger kaufen, lokales Handwerk unterstützen: Auch das ist Fair Fashion.
Weniger kaufen, lokales Handwerk unterstützen: Auch das ist Fair Fashion.
Bild: Getty Images

 Die Modeindustrie zählt laut Greenpeace zu den grössten Umweltsündern – im Zeitalter von Fast Fashion verkommt Mode zunehmend zur Wegwerfware. Doch das Thema nachhaltige Mode ist nach wie vor nur wenig präsent.

An der Modemesse Bread and Butter in Berlin Anfang September war das Thema Fair Fashion nicht zu übersehen. Pflanzen und Pet-Skulpturen an den Ständen sollten zeigen: Wir sind nachhaltig. Wir übernehmen Verantwortung. 

Inzwischen setzen namhafte Labels wie die amerikanische Outdoor-Marke Timberland oder G-Star auf Kollektionen aus recycelten Materialien und eine Produktion ohne Schadstoffe und unter fairen Bedingungen. Der US-Schuhproduzent Timberland steht von Haus aus für langlebige Produkte und ist allein deshalb umweltschonend. Die Marke arbeitet nun mit dem britischen Designer Christopher Raeburn zusammen, der bekannt ist für seine «remade, reduced, recycled»-Philosophie. Unter seinem eigenen Label stellt er Kleidung aus alten Armeebeständen her oder recycelt Designer-Stücke von Burberry's zu neuen Kreationen. Für die Kollaboration mit Timberland hat er Vintage-Teile der Outdoor-Marke aufgestöbert und zu neuen Stücken zusammengesetzt.

Fair Fashion sieht schon lange gut aus

Auch Fast-Fashion-Labels wie H&M und Zara, aber auch Ketten wie Tchibo oder Retailer wie Coop haben den Trend erkannt und bieten seit einigen Saisons nachhaltige Kollektionen an. 

Das Image von unförmiger und kratziger Kleidung, die nach Geografielehrer aussieht, konnte nachhaltige Mode in den letzten Jahren dank moderner Botschafterinnen und attraktiver Designs definitiv ablegen. Hollywood-Star Emma Watson setzt sich für nachhaltige Mode ein und erscheint seit einigen Jahren nur noch in Fair Fashion auf den roten Teppichen. Unter dem eigens dafür kreierten Instagram-Account «the press tour» kann man sich davon überzeugen, wie gut ihre Looks aussehen.

Colin Firths Ehefrau Livia berät mit ihrer Firma Eco-Age Unternehmen –hauptsächlich aus der Mode-Branche –  in Aspekten der Nachhaltigkeit. Sie hat zudem die Green Carpet Fashion Awards ins Leben gerufen: Eine Auszeichnung für besonders umweltschonende Produktion im Luxusbereich. Bei der Preisverleihung, die im Rahmen der Mailänder  Modewoche stattfindet, gibt sich mittlerweile Holywoods A-List die Klinke in die Hand: Cindy Crawford, Cate Blanchett oder Julianne Moore. Zu den Gewinnern zählen dieses Jahr Versace und Elle MacPherson. Da kann man kaum noch von Nische sprechen.

Livia Firth mit Cindy Crawford: Die Unternehmerin ändert für ihre Auftritte gerne alte Kleider ab anstatt neue zu kaufen.
Livia Firth mit Cindy Crawford: Die Unternehmerin ändert für ihre Auftritte gerne alte Kleider ab anstatt neue zu kaufen.
Bild: Getty Images

Auch im deutschsprachigen Raum ist das Thema angekommen: Die ehemalige «Germany's Next Topmodel»-Kandidatin Marie Nasemann stellt auf ihrem Blog Fairknallt nachhaltige Mode vor, die sich wirklich sehen lassen kann. Die Schweizer Schauspielerin und Tänzerin Anina Mutter hat ihren Blog Blossik komplett dem Thema gewidmet und bezeichnet sich stolz als Ecowarrior. Klar, dass da auch Mode nicht fehlen darf, oft auch aus der Schweiz, etwa von Fizzen oder Rrrevolve. Sie zeigt: Es gibt mittlerweile unzählige Marken, die nachhaltig produziert Mode anbieten, die auch modischen Ansprüchen standhält. 

Faire Mode sieht gut aus: Marie Nasemann zeigt auf ihrem Blog Fairknallt, dass sich gutes Gewissen und guter Stil nicht ausschliessen müssen.
Faire Mode sieht gut aus: Marie Nasemann zeigt auf ihrem Blog Fairknallt, dass sich gutes Gewissen und guter Stil nicht ausschliessen müssen.
Bild: fairknallt.de

Es war noch nie so einfach, sich nachhaltig zu kleiden. Und tatsächlich: Laut einer Umfrage von Green Peace finden 25 Prozent es wichtig, dass Mode fair produziert wird. Wir wissen alle, dass Fast Fashion Menschen und Umwelt schadet. Und rümpfen die Nase, wenn wir Bilder sehen von Personen, die sich die Ellbogen in die Seiten rammen, um günstige Wegwerfmode zum Schnäppchenpreis zu ergattern.

Und dennoch: Geändert hat sich kaum etwas. Die Nachfrage nach fair produzierter Mode ist immer noch im unbedeutenden Bereich, weltweit soll sie bei gerade mal fünf Prozent liegen, eine eher optimistische Schätzung. Das ist auch in der Schweiz nicht anders: Laut einer Erhebung von Swiss Fair Trade lag der Umsatz mit fair produzierten Textilien in der Schweiz zwischen 2015 und 2016 bei 25,5 Millionen Franken. Dazu zählen allerdings nur Produkte, die von Swiss Fair Trade selber angeboten werden – es dürften also mehr sein.

Zum Vergleich: Inditex, der Mutterkonzern von Zara, verzeichnete allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Umsatz von 12 Milliarden Euro – weltweit wohlgemerkt. 

Es bleibt also noch viel zu tun. Packen wir's an. 

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