«Wohlstandsverwahrlosung» oder «Repräsentation»? SP Zürich fordert genderneutrale Verkehrsschilder

lru

19.1.2024

Das bekannte Verkehrsschild mit einem Mann mit Kopfbedeckung soll in Zürich durch eine geschlechtsneutrale Variante ersetzt werden.
Das bekannte Verkehrsschild mit einem Mann mit Kopfbedeckung soll in Zürich durch eine geschlechtsneutrale Variante ersetzt werden.
sda

Die Zürcher SP fordert geschlechtsneutrale Ampeln und Tafeln – etwa ein lesbisches Paar anstelle des bekannten Mannes mit Hut. Den Initiant*innen geht es um die Repräsentation von Diversität. Gegner sehen im Vorstoss ein Ausdruck von «Wohlstandsverwahrlosung».

lru

19.1.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Zürcher SP fordert geschlechtsneutrale Ampeln und Tafeln.
  • Geht es nach der SP, sollen auch eine Schwangere, ein lesbisches Paar oder eine Seniorin am Stock dargestellt werden.
  • Den Initiant*innen geht es um die Repräsentation von Diversität in der Stadt Zürich.
  • Gegner kritisieren, dass die Diskussion unnötig sei.
  • Sie lenke von den wahren Problemen in der heutigen Zeit ab.

Die Verkehrssignalisation in Zürich soll diverser werden. Statt dem altbekannten «Mann mit Hut» sollen auf Ampeln und Verkehrsschildern auch Frauen oder Paare abgebildet werden, fordert die SP in einem Postulat.

Die Verkehrssignalisation in Zürich sei nach wie vor von Männern dominiert, so die Initiant*innen. Der ewige «Mann mit Hut» suggeriere indirekt, dass der öffentliche Raum Männern gehöre. Deshalb soll das männliche Symbol Gesellschaft erhalten – etwa von einer Schwangeren, einem lesbischen Paar oder einer Seniorin am Stock.

«Haben wir keine anderen Probleme?»

Der Zürcher Gemeinderat wird in einer der kommenden Sitzungen über den Vorstoss debattieren. Für rote Köpfe sorgt er aber bereits jetzt. Auf dem Newsportal des «Tages-Anzeiger» etwa sind seit gestern über 160 zumeist kritische Kommentare zum Thema eingegangen.

Der Tenor bei den meisten Stimmen: «Haben wir keine anderen Probleme?»

SVP-Politiker Claudio Zanetti kann das nachvollziehen. Der ehemalige Nationalrat sieht im Vorstoss einen Ausdruck von «Wohlstandsverwahrlosung», wie er zu blue News sagt. «Wenn wir schauen, was derzeit in der Welt passiert, ist das ein absolutes Nebenthema.»

Nervt sich über die Diskussion: SVP-Mann Claudio Zanetti.
Nervt sich über die Diskussion: SVP-Mann Claudio Zanetti.
ZVG

Zanetti: «Wir haben schlimme Kriege, Konflikte und grosse wirtschaftliche Probleme. Viele wissen nicht, wie sie Wohnungen, Benzin, Essen oder ihre Krankenkassenbeiträge bezahlen sollen.»

Politiker*innen sollen sich besser um diese Themen kümmern, findet der SVP-Mann. Diskussionen wie jene um geschlechtsneutrale Schilder dagegen seien «unnötig und lenken von den wahren Problemen ab».

Mit-Initiantin betont die Wichtigkeit der Diskussion

Deren Relevanz streitet SP-Politikerin Rahel Habegger nicht ab. Diese würde sie auch gern mit einem Fingerschnippen lösen, sagt sie zu blue News.

Doch die Mit-Initiantin des Vorstosses wehrt sich dagegen, dass man Probleme gegeneinander ausspielt.

«Als Gemeindepolitikerin haben wir die Möglichkeit, Veränderungen im Kleinen anzustossen. Ich sehe hier eine gute Chance, ein Problem mit geringem Aufwand zu lösen.»

Mit-Initiantin des Postulats: SP-Frau Rahel Habegger.
Mit-Initiantin des Postulats: SP-Frau Rahel Habegger.
Stadt Zürich

Tatsächlich verstecke sich hinter einer geschlechtsneutralen Signalisation ein wichtiges Thema. «Es geht um die Repräsentation einer Diversität, die vielen Menschen in der Stadt Zürich ein grosses Anliegen ist.»

Laut der SP-Frau sollte man diese Diskussion nicht ins Lächerliche ziehen: «Ich sehe in Zürich immer wieder Beweise dafür, dass diese Stadt von und für Männer gemacht ist. Aber es gibt in Zürich nicht nur Herren mit Hut.»

Initiant*innen wollen «den Blick weiten»

Habegger und ihren Mitstreiter*innen geht es darum, «den Blick zu weiten und eine Diskussion anzuregen». Sie sei niemand, der gern poltere, das sei nicht ihr Stil. Aber: «Ich freue mich darauf, das Thema sachlich zu diskutieren.»

Genau dieses Vorgehen stört Claudio Zanetti. Die Schilder seien ihm an und für sich egal, sagt er. «Mich nervt aber, dass man daraus ein Politikum machen muss.» 

Laut Zanetti sollten sich Politiker und Politikerinnen «aufs Wesentliche konzentrieren können und nicht durch solche Nebenschauplätze abgelenkt werden».