«Schnitzel-Lockdown» zeigt WirkungLange Schlangen vor Österreichs Impfzentren
dpa/toko
7.11.2021 - 17:32
Die Einschränkungen für Ungeimpfte sind in Österreich auf Schiene. Und siehe da: Impfzentren verzeichnen bereits Zuwächse. Der «Schnitzel-Lockdown», wie ein Wiener Blatt ihn nennt, ist aber nur einer von mehreren Faktoren.
07.11.2021, 17:32
07.11.2021, 19:26
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Die neue 2G-Regel in Österreich zeigt allem Anschein nach bereits Wirkung: Wie von der Regierung erhofft, holten sich viele Menschen am Wochenende sozusagen in letzter Minute ihren ersten Stich. Denn laut einer kurzfristig angekündigten Entscheidung der Regierung dürfen ab Montag nur noch gegen Covid-19 Geimpfte und davon Genesene in Lokale, Hotels, Veranstaltungen und Friseursalons.
Angesichts der exponentiell steigenden Corona-Infektionen und der sich füllenden Intensivstationen geht Kanzler Alexander Schallenberg nicht davon aus, dass diese Einschränkungen für Ungeimpfte binnen sechs Wochen aufgehoben werden können. «Es wird wohl ein 2-G-Weihnachten werden», sagte der neue konservative Regierungschef der «Kronen Zeitung» (Sonntag). «Allerhöchstwahrscheinlich» werde die Regel auch an Silvester noch in Kraft sein, fügte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im gemeinsamen Interview hinzu.
Druck auf Ungeimpfte steigt
Auf die Ankündigung der Regierung am Freitagabend folgten keine Massendemonstrationen, sondern Schlangen bei Impfzentren im ganzen Land. Allein am Samstag meldete das Gesundheitsministerium fast 32'000 Impfungen, wodurch die Wochenstatistik auf 213'000 kletterte – so viele wöchentliche Dosen waren es zuletzt Anfang August. Allerdings machten die Erstimpfungen am Samstag nur ein Drittel der Stiche aus.
Der Druck auf Ungeimpfte und die Impfzahlen stiegen in den letzten Tagen nämlich nicht nur wegen der kommenden 2G-Regel: Seit Anfang November müssen nicht geimpfte oder genesene Arbeitende in ihren Betrieben mehrmals wöchentlich einen Testnachweis mitbringen (3G-Regel). Ausserdem holen sich dieser Tage viele Menschen bereits ihre dritte Dosis.
Angst vor dem «Schnitzel-Lockdown»
Das Wiener Gratisblatt «Heute» hat die 2G-Regel auf ihren Titelblatt jedenfalls schon mal griffig als «Schnitzel-Lockdown» definiert. Im Leopoldauerhof, einem Wiener Gasthaus nahe der Stadtgrenze, sieht man die Massnahme pragmatisch: «Man muss das hinnehmen», sagte Geschäftsführer Alen Vinca der Deutschen Presse-Agentur und verwies auf die hohen Corona-Zahlen.
Vinca rechnet allerdings damit, dass nun zehn Prozent der Gäste wegen fehlendem Impfnachweis ausbleiben werden. Ausserdem fürchtet er Absagen von Firmen-Weihnachtsfeiern. Gastgewerbe und Tourismus zeigten insgesamt Verständnis: Die Regierung habe wegen der Ansteckungsdynamik keine andere Wahl gehabt, sagte Robert Seeber, der die Sparte in der Wirtschaftskammer vertritt. «Ausserdem ist der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Infektionsgeschehen ein wichtiges Signal an unsere Herkunftsmärkte, insbesondere gegenüber Deutschland». Es müsse jetzt alles getan werden, um während der Skisaison Reisewarnungen zu verhindern.
«Ich bin dafür, aber es kommt zu spät», sagt Herbert, ein Gast im Leopoldauerhof, über 2G. Im Juli hatte der vorige Kanzler Sebastian Kurz verkündet: «Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei». Über die Sommermonate gab es vonseiten der Regierung keine gross angelegten Werbekampagnen für Erstimpfungen.
Nun steht Österreich bei knapp 65 Prozent an Menschen mit vollem Impfschutz – einer der niedrigsten Werte in Westeuropa. Am Samstag erreichte die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen einen Rekordwert von 9943, am Sonntag waren es 8554. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich lag zuletzt bei rund 570.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gab sich am Sonntag gegenüber der «Kleinen Zeitung» realistisch: Etwa fünfzehn Prozent der Menschen seien absolut gegen eine Impfung, acht Prozent könnten noch überzeugt werden. Jetzt müsse aber nicht nur geimpft, sondern auch die 2G-Regel konsequent umgesetzt werden, forderte er und spielte auf die vielerorts lasche Kontrolle der bisherigen 3G-Regel in Lokalen an. «Wenn es bei uns an manchen Orten mit einer augenzwinkernden Wurschtigkeit weitergeht, wird das nicht funktionieren», sagte er.