Iran Abgeordneter: 3700 Verhaftungen bei Protesten im Iran

SDA

9.1.2018 - 17:33

Demonstranten und Polizisten in Teheran - bei den Protesten im Iran sind angeblich viel mehr Menschen festgenommen worden als bisher angenommen. (Archiv)
Demonstranten und Polizisten in Teheran - bei den Protesten im Iran sind angeblich viel mehr Menschen festgenommen worden als bisher angenommen. (Archiv)
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Bei den regimekritischen Protesten im Iran hat es angeblich mehr Verhaftungen gegeben als bislang angenommen. Nun fordern Parlamentarier Zugang zu ihnen. Kritik kommt auch von Prominenten.

Die Bürgerrechtskommission des iranischen Parlaments hat diesbezüglich beim Justizministerium einen Antrag gestellt. Auch das berüchtigte Ewin-Gefängnis in Nordteheran, wo sich am Samstag ein 22 Jahre alter Demonstrant selbst getötet hatte, stehe auf der Antragsliste, sagte Kommissionssprecher Bahram Parsaei der Nachrichtenagentur Isna am Dienstag. Die Gründe für den Suizid waren unklar.

Bei den Protesten sind nach Angaben eines Abgeordneten rund 3700 Menschen festgenommen worden. Dies gehe aus einer Liste hervor, die dem Geheimdienst und Innenministerium vorgelegt worden sei, sagte der reformorientierte Politiker Mahmud Sadeghi am Dienstag. Bisher war die Rede von 1000 bis 1800 Festnahmen.

Die Behörden sollten umgehend die Familien der Betroffenen informieren, forderte er in einem Interview des Nachrichtenportals Icana. Bei den Unruhen wurden Ende Dezember bis Anfang Januar mindestens 18 Demonstranten getötet, zwei weitere kamen während der Proteste bei einem Unfall ums Leben.

Nach Angaben der Justiz sind in der Zwischenzeit mehr als 250 Demonstranten, hauptsächlich Studenten, wieder freigelassen worden. Weitere Demonstranten sollen demnächst freikommen, nicht aber deren Anführer. Ihnen, besonders Mitgliedern der Oppositionsgruppe Volksmudschaheddin, könnte laut Justiz wegen Verschwörung gegen die Führung des Landes sogar die Todesstrafe drohen.

Kritik am Staatssender

Im Zusammenhang mit den Protesten hat der iranische Vizepräsident Ishagh Dschahangiri am Dienstag den Staatssender IRIB harsch kritisiert. Der Reformer wollte sich als Vizepräsident im Fernsehen zu den Unruhen äussern, sein Antrag sei aber mehrfach abgelehnt worden. "IRIB sollte die Informationsquelle für alle Iraner sein, auch Kritiker, und sich nicht von Hardlinern instrumentalisieren lassen", sagte er.

Laut Dschahangiri sei Kritik in einem sich entwickelnden Land wie dem Iran normal. Daher müsse auch der kritische Dialog zwischen Führung und Volk erlaubt sein. "Sonst werden aus Kritik sehr schnell Spannungen, Feindseligkeiten und Gewalt, die sich dann in der Gesellschaft wie eine Seuche verbreiten können", so Dschahangiri, der zu den aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Hassan Ruhanis gilt.

Kritisch gegenüber der iranischen Führung äussern sich auch iranische Prominente. Am Dienstag meldete sich der zweifache Oscar-Preisträger Asghar Farhadi zu Wort. Das Regime sollte die zahlreichen Fragen der Menschen beantworten und sie nicht ignorieren. "Verhaftungen und Drohungen sind jedenfalls keine Antwort auf diese Fragen", sagte der Regisseur der Nachrichtenagentur Ilna zufolge.

Ausland verantwortlich gemacht

Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei bezeichnete die Unruhen als einen Kampf der Feinde des Landes gegen den Iran, das iranische Volk sowie den Islam. "Protestieren ist eine Sache, aber den Islam und Koran zu beleidigen, Moscheen anzuzünden und die Nationalflagge des Landes herunterzureissen ist eine andere", sagte Chamenei.

Er machte das Trio USA, Israel und Saudi-Arabien für die Unruhen verantwortlich. "Das war ein Plan der USA und Zionisten (Israel), der von einem stinkreichen Staat im Persischen Golf finanziert wurde", sagte der Ajatollah im iranischen Staatsfernsehen. Umgesetzt worden sei der Plan von ihren "hiesigen Söldnern", den Volksmudschaheddin.

Der Plan sei aber gescheitert. Nun sei das Trio wegen seiner Niederlage nicht nur wütend auf ihn, sondern auch auf das iranische Volk, sagte Chamenei. Die Verschwörungen dieser drei Länder würden aber trotz der Niederlage weitergehen.

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