Der iranische Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat harte Strafen für die Verantwortlichen der mysteriösen Vergiftungswelle im Land gefordert. Ob das reicht, um die Empörung im Volk zu besänftigen?
6.3.2023 - 16:04
SDA, gbi
«Die Urheber dieses Verbrechens müssen streng bestraft werden. Es wird keine Amnestie für solche Leute geben», sagte der iranische Religionsführer am Montag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. «Die Behörden müssen den Fall der vergifteten Schulkinder ernsthaft untersuchen», sagte Staatsoberhaupt Ali Chamenei.
Chamenei, der im Iran in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, äusserte sich damit erstmals zu der landesweiten Vergiftungswelle, der vor allem Schulmädchen zum Opfer fallen. Er bezeichnete sie als «unverzeihliches Verbrechen». Er sagte weiter: «Die zuständigen Behörden, Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden sollen die Ursachen dieses Verbrechens verfolgen und aufdecken.»
Eltern sind empört
Die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen wurden bereits im November gemeldet. Irans Regierung geht von gezielten Angriffen aus. Betroffen sind fast ausschliesslich Mädchenschulen. Landesweit wurden Schülerinnen in Spitälern behandelt.
Eltern und Angehörige sind empört und wütend, noch immer gibt es keine offizielle Erklärung. Sie werfen den Behörden Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld. Ärzte sprechen von Gasvergiftungen.
Iranische Medien haben über mehr als 2'400 Vergiftungsfälle an Schulen berichtet. Dies ergab eine Auswertung von Berichten, die von November bis Anfang März in iranischen Medien erschienen. Offizielle Behördenzahlen zum Gesamtausmass der Vergiftungswelle gibt es derzeit nicht. Iranischen Medienberichten zufolge sind mehr als 100 Schulen in der Islamischen Republik betroffen. Beobachter gehen darüber hinaus von einer Dunkelziffer aus.
Journalist weggesperrt
Nach der Berichterstattung über die mysteriöse Vergiftungswelle wurde auch ein Journalist festgenommen. Der Zeitungsjournalist Ali Purtabatabai sei inhaftiert worden, berichtete die Zeitung «Entekhab» am Sonntagabend unter Berufung auf dessen Schwester. Der Journalist arbeitete demnach in der religiösen Hochburg Ghom, wo vor Monaten die ersten Vergiftungsfälle gemeldet wurden.
Kritik an dessen Festnahme kam prompt. Diese trage nicht zur «Entmystifizierung der Gerüchte und Nachrichten» bei, schrieb der Reformpolitiker und Journalist Abbas Abdi auf Twitter. Es mache die Gerüchte «noch schlimmer. Ich hoffe, er wird bald freigelassen.»
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