Die Beine zittern nochAlexej Nawalny geht es besser – «Instagram klappt schon wieder»
AFP/tafi
20.9.2020
Alexej Nawalny ist nach dem Nowitschok-Giftanschlag auf dem Weg der Besserung – und kann schon wieder Treppen laufen. Ein Erfinder des Kampfstoffes entschuldigt sich öffentlich bei dem russischen Oppositionellen.
Einen Monat nach dem Nowitschok-Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny schreitet dessen Genesung im Berliner Universitätsklinik Charité langsam voran. Es gehe ihm immer besser, «aber der Weg ist noch lang», erklärte der 44-Jährige am Samstag in einem Eintrag im Online-Dienst Instagram.
Dazu wurde ein Foto gepostet, das zeigt, wie er eine Treppe hinuntergeht. Ein an der Erfindung des Nervenkampfstoffes beteiligter russischer Wissenschaftler entschuldigte sich unterdessen bei Nawalny.
Zwar könne er immer noch nicht selbstständig ein Telefon bedienen und wenn er trinke, «wird das jedes Mal zu einem Spektakel», erklärt Nawalny in dem Eintrag. Die Besserung sei aber deutlich, schliesslich habe er vor kurzem noch Menschen nicht erkannt und Sprechen habe ihm grosse Probleme bereitet.
«Jetzt bin ich ein Typ, dessen Beine zittern, wenn er die Treppe nimmt», erklärte Nawalny weiter. Aber immerhin erkenne er die Treppe. «Vorher hätte ich dumm darauf gestarrt.» Jetzt wisse er, dass er sich besser einen Aufzug suchen sollte, scherzte der Russe.
Der 44-Jährige dankte in der am Samstag bei Instagram veröffentlichten Nachricht den «brillanten Ärzten» der Klinik. «Sie haben mich von einem «technisch lebendigen Menschen» zu jemandem gemacht, «der alle Chancen hat, wieder eine hohe Lebensform der modernen Gesellschaft zu werden», schrieb er. Er werde zu jemandem, der wieder rasch Instagram nutze und «ohne nachzudenken versteht, wo ein Like hingehört».
Der Chemiker Wil Mirsajanow, der Anfang der 90er-Jahre die Entwicklung von Nowitschok in der Sowjetunion öffentlich gemacht hatte, entschuldigte sich für die Entwicklung des Giftes. «Ich entschuldige mich zutiefst bei Nawalny für die Tatsache, dass ich mich an diesem kriminellen Geschäft beteiligt und diese Substanz entwickelt habe, mit der er vergiftet wurde», sagte er am Samstag dem russischen Sender TV Rain.
Der russische Wissenschaftler, der heute in den USA lebt, schätzte, dass sich Nawalny innerhalb «fast eines Jahres» von der Vergiftung erholen könne. «Nawalny muss Geduld haben, am Ende sollte er aber wieder gesund werden», sagte Mirsajanow. Er fügte hinzu, dass Nawalny das Gift wahrscheinlich mit dem Mund aufgenommen habe, da offenbar niemand sonst aus dem Umfeld des Kreml-Kritikers mit dem Kampfmittel in Berührung gekommen sei.