Polnisch-belarussische Grenze Amnesty wirft Polen illegale Rückführung von afghanischen Flüchtlingen vor

AFP/tpfi

30.9.2021

Migranten, die an der Grenze zu Belarus festsitzen, werden von polnischen Beamten umstellt (01.09.2021). Laut Schätzungen des polnischen Grenzschutzes halten sich mehr als 10’000 Migranten aus Krisenregionen in Belarus auf.
Migranten, die an der Grenze zu Belarus festsitzen, werden von polnischen Beamten umstellt (01.09.2021). Laut Schätzungen des polnischen Grenzschutzes halten sich mehr als 10’000 Migranten aus Krisenregionen in Belarus auf.
Archivbild: AP

Seit Wochen drängen Migranten an die polnisch-belarussische Grenze, um in die EU zu gelangen. Laut Amnesty International (AI) soll Polen an der Grenze gestrandete Flüchtlinge illegal nach Belarus zurückgeführt haben.

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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wirft Polen vor, die seit Wochen an der Grenze zu Belarus gestrandeten afghanischen Flüchtlinge illegal zurückgewiesen zu haben. Die Direktorin des AI-Büros für Europäische Institutionen, Eve Geddie, erklärte am Donnerstag, dass die Organisation Indizien habe, die «stark darauf hindeuten», dass die Gruppe «Opfer einer rechtswidrigen Zwangsrückführung war». Amnesty beruft sich dabei auf eine Auswertung von Satellitenbildern und Fotos.

Die 32 Flüchtlinge sitzen unter prekären Bedingungen auf der belarussischen Seite der Grenze fest. Laut Amnesty haben sie keinen Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser, Unterkunft und Medikamenten. Polen hat die 418 Kilometer lange Grenze abgeschottet und den Notstand ausgerufen, weshalb Journalisten und Hilfsorganisationen der Zutritt formell untersagt ist.

Nach eigenen Angaben waren die Menschen nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan geflohen und hatten im August die polnisch-belarussische Grenze überschritten. Polnische Grenzschützer hätten sie dann zurück nach Belarus gebracht.

Erzwungene Rückkehr nach Belarus

Die Amnesty-Recherchen untermauern diese Behauptung: «Unsere Analyse zeigt unwiderlegbar, dass sich ihre Position am 18. August über Nacht von Polen nach Belarus verschoben hat», erklärte Geddie. Da die Bewegung offenbar stattfand, als bewaffnete polnische Grenzsoldaten das provisorische Lager der Flüchtlinge umstellten, geht Amnesty von einer Zwangsrückführung aus.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg hatte sich bereits Ende August in den Fall eingeschaltet und erklärt, dass eine erzwungene Rückkehr nach Belarus nicht zulässig sei.

Hilfe durch die EU gefordert

Amnesty forderte von Polen nun eine Rücknahme des Notstands und eine angemessene Versorgung der Flüchtlinge sowie eine Bearbeitung ihrer Asylanträge. Geddie rief auch die EU um Hilfe an: «Die Menschen haben in einem EU-Land um Asyl gebeten, ein EU-Mitgliedstaat verletzt in eklatanter Weise ihre Rechte», erklärte sie. Die EU müsse «schnell und entschlossen handeln, um diese eklatanten Verstösse gegen EU- und internationales Recht anzuprangern».



Polen sowie Litauen und Lettland beklagen seit einigen Monaten die vermehrte Ankunft von Migranten vor allem aus dem Nahen Osten an ihren Grenzen zu Belarus. Die EU geht von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Es wird vermutet, dass die belarussischen Behörden die Migranten gezielt ins Land holen und an die Grenzen zu den östlichen EU-Staaten schleusen.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will wegen der Flüchtlingskrise am Donnerstag nach Warschau reisen, um Klarheit über mehrere Todesfälle an der Grenze zu bekommen. Laut Amnesty kamen seit 19. September in der Grenzregion fünf Menschen ums Leben, unter anderem durch Unterkühlung.