ArmenienArmeniens Regierungschef sieht Putschversuch der Armee
SDA
25.2.2021 - 15:30
In der Südkaukasus-Republik Armenien spitzt sich die innenpolitische Krise dramatisch zu. Das Militär stellte sich am Donnerstag auf die Seite der Opposition und forderte den Rücktritt von Regierungschef Nikol Paschinjan.
Der 45-Jährige sprach vom «Versuch eines Militärputsches». Das werde aber nicht klappen, sagte er vor seinen Anhängern in der Hauptstadt Eriwan. «Alles wird friedlich enden.» Paschinjan sagte, die Lage sei «unter Kontrolle». Er habe zudem nicht vor, mit seiner Familie das Land zu verlassen.
Am Nachmittag schlossen sich Zehntausende Menschen einer Kundgebung der Opposition an, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Ebenso viele gingen demnach zur Unterstützung Paschinjans auf die Strasse. Rund um das Verteidigungsministerium war ein grosses Aufgebot an Polizisten im Einsatz. Beobachter sprachen von einer angespannten Situation. Sie rechneten aber nicht mit einem Rücktritt. Darüber müsse das Volk entscheiden, sagte Paschinjan.
Die grösste Oppositionspartei Blühendes Armenien forderte ihn eindringlich auf, seinen Posten zu räumen, und warnte ihn vor einem Blutvergiessen. Vertreter der Opposition wollten die kommende Nacht auf dem zentralen Freiheitsplatz in Eriwan verbringen. Sie seien auf den Kampf vorbereitet, sagte ein Sprecher. Präsident Armen Sarkissjan rief seine Landsleute zur Zurückhaltung auf.
Das Militär bekräftigte am Donnerstag in einem weiteren Schreiben die Rücktrittsforderung. Dies sei die klare Position der Generäle und Offiziere, hiess es in einer Erklärung, aus der armenische Medien zitierten. Paschinjan nannte dies eine «emotionale Reaktion» des Militärs. Er wollte zudem Generalstabschef Onik Gasparjan entlassen.
Paschinjan steht seit dem Ende der Kämpfe um die Konfliktregion Berg-Karabach vor mehr als drei Monaten im Kreuzfeuer, weil die Opposition ihn persönlich für die Niederlage gegen Aserbaidschan verantwortlich macht. Seit Wochen gibt es schon Proteste.
In dem jüngsten Krieg um Berg-Karabach vom 27. September bis 9. November holte sich das muslimisch geprägte Aserbaidschan weite Teile des Anfang der 1990er verlorenen Gebiets zurück. Insgesamt starben mehr als 4700 Menschen. Das christliche Armenien berief sich auf Russland als Schutzmacht.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte laut Agentur Interfax in der russischen Hauptstadt Moskau, man beobachte die Situation in Armenien «mit Besorgnis». Das russische Aussenministerium appellierte, die Lage friedlich zu lösen. Die Türkei verurteilte den «Putschversuch».
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