Psychologische Folter Ärzte und Psychologen fürchten um Assanges Leben

18.2.2020

Dutzende von Medizinern machen sich für Assange stark: Er leide stark unter den Folgen von Haft und Botschaftsasyl.
Dutzende von Medizinern machen sich für Assange stark: Er leide stark unter den Folgen von Haft und Botschaftsasyl.
Bild: Keystone/AP/Matt Dunham

Mit der Veröffentlichung von US-Kriegsverbrechen hat Julian Assange die USA gegen sich aufgebracht. Seit zehn Monaten sitzt er in Haft – und leidet dort stark. Nun warnen Mediziner, dass er zu Tode gefoltert werden könnte.

Knapp 120 Ärzte und Psychologen fordern ein Ende «der psychologischen Folter und medizinischen Vernachlässigung» des Wikileaks-Gründers Julian Assange. Er leide unter den Folgen des Aufenthalts in der ecuadorianischen Botschaft und im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, schreiben die Experten in einem Brief, den die Medizin-Zeitschrift «The Lancet» veröffentlicht hat.

Sollte der 48-Jährige in der Zelle sterben, dann sei er «effektiv zu Tode gefoltert worden», heisst es in dem Schreiben weiter. Die Folterung von Assange müsse eingestellt und es müsse ihm Zugang zur «bestmöglichen Gesundheitsversorgung gewährt werden, bevor es zu spät ist». Er sitzt seit April 2019 im Gefängnis im Osten der Hauptstadt ein. Assanges Gesundheitszustand ist seinen Anwälten zufolge schlecht.

Kriegsverbrechen bekannt gemacht

Die USA haben Assanges Auslieferung beantragt. Die Anhörung dazu soll am 24. Februar beginnen. Die Vereinigten Staaten werfen ihm vor, der amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning – damals noch Bradley Manning – geholfen zu haben, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen. Dadurch wurden auch von US-Soldaten begangene Kriegsverbrechen bekannt.

Insgesamt liegen 18 Anklagepunkte gegen Assange vor. Bei einer Verurteilung in allen Punkten drohen ihm 175 Jahre Haft. Der Wikileaks-Gründer hatte sich aus Angst vor einer Auslieferung an die USA 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet. Damals lag gegen ihn ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Die Ermittlungen wurden aber inzwischen eingestellt.

Im April 2019 wurde er von der britischen Polizei verhaftet, weil er mit seiner Flucht in die Botschaft gegen Kautionsauflagen verstossen habe. Dafür wurde er kurz darauf zu einem knappen Jahr Gefängnis verurteilt.

Konstruierte Vorwürfe gegen Assange in Kritik

Ende Januar hat der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, in einem Interview mit der «Republik» schwere Vorwürfe im Fall Assange erhoben: Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange waren laut seiner Untersuchung lediglich ein Vorwand, um den Australier festzunehmen und möglicherweise an die USA auszuliefern. 

Melzer wirft den Behörden in Grossbritanniens, Schwedens, der USA und Ecuadors vor, an Assange ein Exempel statuieren zu wollen, um Journalisten einzuschüchtern. Die Vorwürfe gegen den gebürtigen Australier hält er für konstruiert. Mehr als 130 Politiker, Künstler und Journalisten in Deutschland hatten sich ebenfalls für die Freilassung von Assange ausgesprochen.

In London ist am kommenden Samstag eine Demonstration für Assange geplant, an der auch Prominente wie die Modedesignerin Vivienne Westwood, der Pink-Floy-Mitgründer Roger Waters und der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis teilnehmen.

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