Tote bei Anschlag an Strand in Mogadischu
Bei einem Anschlag an einem beliebten Strand in der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind nach Angaben der Sicherheitsbehörden mindestens 32 Zivilisten getötet und Dutzende weitere Personen verletzt worden.
03.08.2024
Islamisten haben ein Hotel und einen beliebten Strand in der somalischen Hauptstadt Mogadischu angegriffen. Dabei wurden mindestens 32 Menschen getötet, mehr als 60 Menschen seien teilweise schwer verletzt worden.
Islamisten haben ein Hotel und den beliebten Strand Lido Beach in der somalischen Hauptstadt Mogadischu angegriffen. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden mindestens 32 Menschen getötet, unter ihnen auch die fünf Terroristen. Mehr als 60 Menschen seien teilweise schwer verletzt worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Opfer noch steige.
Der Schusswechsel zwischen den Angreifern und der Polizei dauerte bis in die frühen Morgenstunden an. Die islamistische Terrormiliz Al-Shabaab bekannte sich zu dem Anschlag.
«Ich wurde durch ein Artilleriegeschoss am Arm verletzt», sagte Shamso Abdi, die mit Freunden den Abend im Lido Beach Hotel verbracht hatte. Einer ihrer Freunde habe Kopfverletzungen erlitten und sei in einem kritischen Zustand. In dem Hotel sei Panik ausgebrochen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. «Alle rannten um ihr Leben.»
Unübersichtliche Lage
In sozialen Medien verbreiteten sich Schreckensbilder: Menschen fliehen in Panik vom Strand, andere liegen blutend und schreiend im Sand, wie Bilder und Videos von Augenzeugen zeigen. Im Hintergrund sind Schüsse zu hören. Rettungsteams konnten zunächst nicht zu den Verletzten vordringen, da weiterhin geschossen wurde.
Ein Selbstmordattentäter hatte sich am Freitagabend am Hoteleingang in die Luft gesprengt. Die übrigen Angreifer versuchten das Hotel zu stürmen, feuerten aber auch auf die Menschen am Strand, an dem zum Zeitpunkt des Angriffs zahlreiche Einwohner spazieren gingen oder mit Freunden oder Angehörigen im Sand sassen.
Krankenhäuser riefen zu Blutspenden auf, um die zahlreichen Verletzten zu versorgen. Einige Angehörige getöteter Strand- und Hotelbesucher posteten die Bilder ihrer Liebsten in sozialen Medien, andere suchten verzweifelt nach Informationen über den Verbleib von Freunden oder Verwandten, über deren Schicksal sie nichts wussten.
Terrormiliz reklamiert Anschlag für sich
Der Lido Beach ist gerade am Wochenende ein beliebtes Ziel der Einwohner von Mogadischu. Den Schüssen ging nach Polizeiangaben eine Explosion durch einen Selbstmordattentäter voraus. Nach Jahren alltäglicher Gewalt und Anschläge hatte die Möglichkeit, wieder den Strand nutzen zu können, als Zeichen von Normalisierung in dem krisengeschüttelten Land am Horn von Afrika gegolten.
Die Terrormiliz Al-Shabaab reklamierte in ihrem Rundfunksender den Anschlag für sich. Die Islamisten kontrollieren Gebiete in Teilen Somalias, waren in den vergangenen Jahren aber aus der Hauptstadt zurückgedrängt worden.
Dennoch kommt es immer wieder auch in Mogadischu zu Anschlägen auf Regierungseinrichtungen und auf Hotels oder Restaurants, in denen ein aus der Sicht der Islamisten westlicher Lebensstil herrscht. So starben im Juli bei einem Terrorangriff auf ein Lokal während des Finales der Fussball-Europameisterschaft elf Menschen.
Einer der schlimmsten Angriffe seit langem
In der somalischen Hauptstadt sind Anschläge keine Seltenheit, das Blutbad am Strand ist aber einer der schlimmsten Terrorangriffe. Dazu kam es nun ausgerechnet, nachdem die Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahren militärische Erfolge gegen Al-Shabaab erzielt hatten und die islamistischen Kämpfer zumindest aus Mogadischu verdrängen konnten.
Ein Stück Normalität kehrte nach Mogadischu zurück: Die Wiedereröffnung des Lido Beach, der jahrelang ein No-Go-Gebiet war, wurde vor einigen Jahren gefeiert, seitdem flanieren gerade am Wochenende Gruppen von Freunden oder geniessen Familien die Zeit am Strand. Cafés und Restaurants in Mogadischu ziehen vor allem junge Menschen an.
Und im Fussballstadion, das in der Vergangenheit an der Frontlinie zwischen Regierungstruppen und Islamisten lag, wurde im Januar zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren ein Fussballturnier organisiert.
Einwohner*innen leben in Angst
Doch immer wieder plant Al-Shabaab Anschläge – oder schlägt zu. Ein Selbstmordattentäter konnte während des Fussballturniers gerade noch vor dem Stadion gestoppt werden.
Im März griffen Terrorkämpfer ein Hotel in unmittelbarer Nähe des Wohnsitzes des Präsidenten an, verschanzten sich dort, lieferten sich ein stundenlanges Feuergefecht mit der Polizei.
Während des EM-Finales explodierte eine Autobombe vor einem Café, in dem zahlreiche Fussballfans das Spiel verfolgten. Gerade die Angriffe auf solche «weichen» Ziele versetzen die Einwohner Mogadischu in Angst und Schrecken.
Wer ist Al-Shabaab?
Seit bald 20 Jahren versucht Al-Shabaab in Somalia einen islamistischen Gottesstaat zu errichten. In den Gebieten, die die Miliz vor allem im Zentrum des Landes unter Kontrolle hat, herrscht eine radikale Auslegung der Scharia, des islamischen Gesetzessystems.
Auspeitschungen, Verstümmelungen und Steinigungen gehören dazu. UN-Experten schätzten die Zahl der Kämpfer der Miliz im Januar auf 7'000 bis 12'000.
Zu den Zielen von Al-Shabaab gehört nicht nur der Sturz der Regierung in Mogadischu, sondern auch der Aufbau eines Gross-Somalia unter Einschluss der ethnischen Somalier in den Nachbarstaaten. Die Miliz lehnt alles ab, was mit dem zu tun hat, was sie als westliche Werte ansieht: Musik oder Sport, Theater und Unterhaltung.
Die Miliz ist lose mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbunden, ein anderer Flügel der dezentral organisierten Gruppe hat sich dagegen dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen. Gemeinsam ist ihnen der Kampf gegen die Regierung, aber auch gegen Vertreter der Zivilgesellschaft, die sich beispielsweise für Frauenrechte einsetzen. Auch Journalisten wurden wiederholt gezielt ermordet.
Terror auch in anderen Staaten
Schon lange begrenzt sich Al-Shabaab nicht auf Somalia. Vor allem die Nachbarstaaten, die sich auch militärisch im Kampf gegen die Miliz engagieren oder engagiert haben, wurden Ziel von Angriffen.
Besonders dramatisch war ein Sprengstoffanschlag auf ein Lokal im ugandischen Kampala während der Fussballweltmeisterschaft 2010, wo mehrere hundert Menschen das WM-Finale verfolgten. Damals starben 74 Menschen.
2013 starben 67 Menschen, als Al-Shabaab-Kämpfer in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ein Einkaufszentrum stürmten und sich dort stundenlang verschanzten. Angriffe auf Polizisten, aber auch auf zivile Ziele im kenianisch-somalischen Grenzgebiet kommen regelmässig vor.