USABiden vor Vereidigung – Trump begnadigt Bannon und Dutzende andere
SDA
20.1.2021 - 09:06
Die Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident wird am Mittwochmittag (Ortszeit) das Ende der turbulenten Amtszeit von Donald Trump besiegeln. Trump will das Weisse Haus früh am Morgen verlassen und als erster Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869 der Amtseinführung seines Nachfolgers vor dem Kapitol in Washington fernbleiben. Trump wünschte der neuen Regierung in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft an die Nation Erfolg – ohne Biden beim Namen zu nennen. Stunden später begnadigte Trump seinen Ex-Chefstrategen Steve Bannon und mehr als 70 weitere Personen.
Der scheidende US-Präsident wandelte nach Angaben des Weissen Hauses auch die Strafen von 70 weiteren Menschen um. Die Liste mit insgesamt 143 Namen reicht von ehemaligen Kongressabgeordneten bis zum US-Rapper Lil Wayne ("Lollipop"), der wegen unerlaubten Waffenbesitzes angeklagt worden war. Nicht enthalten waren Trump selbst, Mitglieder seiner Familie und sein persönlicher Anwalt Rudy Giuliani. Medienberichten zufolge hatten Berater dem abgewählten Präsidenten abgeraten, seinen engsten Kreis auf die Liste zu setzen.
Bannon ist Mitgründer der Internetplattform «Breitbart» und gehört zu den einflussreichsten Stimmen im ultra-konservativen Lager der US-Politik. Er war im Sommer wegen Vorwürfen festgenommen worden, Geld aus einer Online-Spendenaktion zum Bau einer Mauer zu Mexiko für andere Zwecke abgezweigt zu haben. Bannon plädierte auf nicht schuldig und wurde gegen Kaution freigelassen. Das Gerichtsverfahren in dem Fall sollte im Mai 2021 beginnen.
Die Welle von Begnadigungen war erwartet worden. Auch frühere US-Präsidenten haben zum Ende ihrer Amtszeit von diesem Recht Gebrauch gemacht. Die Fälle waren aber meist weniger kontrovers. Kurz vor Weihnachten hatte Trump bereits mehrere loyale Weggefährten begnadigt, etwa den einstigen Leiter seines Wahlkampfteams, Paul Manafort und seinen langjährigen Vertrauten Roger Stone.
Biden gedachte am Abend vor seiner Amtseinführung mit der künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris im Herzen der Hauptstadt unterdessen der mehr als 400 000 Corona-Toten im Land.
Die Machtübergabe in den USA wird angesichts ihrer beispiellosen Begleitumstände in die Geschichte eingehen: Wegen der Corona-Pandemie gibt es für Biden zum einen kein Massenpublikum. Die Erstürmung des Kapitols durch gewalttätige Trump-Anhänger vor zwei Wochen hat die Behörden zudem zu erheblich verschärften Sicherheitsvorkehrungen veranlasst. Weite Teile der US-Hauptstadt sind abgeriegelt. Die Polizei wird nach Pentagon-Angaben von rund 25 000 Soldaten der Nationalgarde unterstützt.
Die USA hätten keine Zeit zu verlieren, wenn es darum gehe, die Krisen anzupacken, denen die Nation gegenüberstehe, schrieb Biden am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter. «Deshalb werde ich mich nach meiner Vereidigung morgen gleich an die Arbeit machen.» Biden verbrachte die Nacht in Washington unweit des Weissen Hauses. Bei seinem Abschied aus seinem Heimatbundesstaat Delaware war er sichtlich bewegt.
Die ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton haben ihre Teilnahme an Bidens Amtseinführung zugesagt. Mit ihnen wollte Biden im Anschluss einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Nationalfriedhof im nahe gelegenen Arlington ablegen. Wegen der Corona-Pandemie fällt die traditionelle Ballnacht am Tag der Amtseinführung aus, stattdessen ist eine virtuelle Feier geplant.
Auch Trumps Stellvertreter Mike Pence hat seine Teilnahme an der Zeremonie zur Amtseinführung angekündigt. Zur geplanten Abschiedszeremonie von Trump am Militärflughafen Andrews bei Washington dagegen wollte er nicht kommen, wie aus dem vom Weissen Haus veröffentlichten Programm von Pence für Mittwoch hervorging. Trump will im Anschluss nach Florida fliegen. Zwischen dem Präsidenten und seinem Vize war es zum Schluss zum Bruch gekommen.
In seiner Abschiedsrede sagte Trump: «In dieser Woche führen wir eine neue Regierung ins Amt ein und beten für ihren Erfolg, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt.» Er lobte seine Arbeit als Präsident und sagte an die Adresse der neuen Regierung: «Die Welt respektiert uns wieder. Bitte verlieren Sie diesen Respekt nicht.» Seine Regierung habe ihre Ziele erfüllt und die Stärke Amerikas zu Hause und im Ausland wieder hergestellt.
Über Wochen hatte Trump mit äusserst fragwürdigen Methoden versucht, Bidens Sieg bei der Wahl am 3. November nachträglich zu kippen. Sein Widerstand gegen seine Niederlage gipfelte vor knapp zwei Wochen in dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol, wodurch die Zertifizierung der Wahlergebnisse unterbrochen werden musste. Zuvor hatte Trump seine Unterstützer bei einer Kundgebung aufgestachelt. In seiner Videobotschaft sagte Trump nun: «Politische Gewalt ist ein Angriff auf alles, was wir als Amerikaner wertschätzen. Sie kann niemals toleriert werden.»
Nach dem Angriff auf das Kapitol war es einsam um den Präsidenten geworden. Auch einige Parteikollegen distanzierten sich von Trump – wie der Top-Republikaner Mitch McConnell. McConnell will am Mittwoch kurz vor der Amtseinführung mit Biden an einem Gottesdienst teilnehmen. Biden hat versprochen, das tief gespaltene Land zu einen – eine Mammutaufgabe angesichts der Ereignisse der vergangenen Wochen. Biden dürfte bei seiner Ansprache nach der Vereidigung die Amerikaner zur Einheit aufrufen, wie er es in den vergangenen Monaten immer wieder gemacht hat.
Thema werden dürfte auch die Corona-Pandemie, die Biden in den Griff kriegen will. Am Vorabend seiner Vereidigung ging es Biden darum, Trost zu spenden. In Gedenken an die Opfer wurden 400 Lichter entlang des Reflexionsbeckens am Lincoln Memorial in Washington entzündet. «Um zu heilen, müssen wir uns erinnern», sagte Biden bei der Zeremonie. Harris sagte, die Amerikaner hätten über viele Monate alleine getrauert. An diesem Abend trauere die Nation zusammen. Sie hoffe, dass das Land mit der Erkenntnis aus der Krise hervorgehe, die einfachen Momente mehr wertzuschätzen und sich füreinander zu öffnen.
Am Dienstag hatten die Vereinigten Staaten in der Corona-Krise einen weiteren düsteren Meilenstein überschritten: Mehr als 400 000 Menschen sind dort seit Beginn der Pandemie nach einer Infektion mit dem Erreger Sars-CoV-2 gestorben. In den vergangenen fünf Wochen wurden allein 100 000 Tote verzeichnet. In absoluten Zahlen gemessen sind die USA das Land mit den meisten nachgewiesenen Ansteckungen und Todesfällen. Biden hat die Eindämmung der Pandemie zu einer der wichtigsten Prioritäten seiner künftigen Regierung erklärt.
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