Partygate Boris Johnson will «absolut nicht» zurücktreten

dpa

26.1.2022 - 17:05

Für viele Beobachter ist das Glas für Grossbritanniens Premier Boris Johnson schon bedeutend mehr als halb leer – der sieht das anders: Johnson vor Parlamentariern am 26. Januar 2022 in London.
Für viele Beobachter ist das Glas für Grossbritanniens Premier Boris Johnson schon bedeutend mehr als halb leer – der sieht das anders: Johnson vor Parlamentariern am 26. Januar 2022 in London.
Bild: Keystone

Ein Untersuchungsbericht zur Partygate-Affäre erhöht den Druck auf Grossbritanniens Premier. Boris Johnson denkt aber keineswegs an Rücktritt. Seine Unterstützer sorgen unfreiwillig für Heiterkeit.

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Mit Spannung wird in Grossbritannien die Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu Feiern im Regierungssitz erwartet. Ein Abgeordneter erkennt in Boris Johnson das unschuldige Opfer eines Tortenüberfalls.

Der britische Premierminister Boris Johnson will wegen mehrerer Lockdown-Partys in seinem Amtssitz nicht zurücktreten. Der Regierungschef sagte am Mittwoch vor den Abgeordneten des Parlaments, er werde wie zugesagt die Ergebnisse eines Untersuchungsberichts veröffentlichen.

Fragen zum Skandal und seiner Zukunft wischte er beiseite mit den Worten, er habe «absolut nicht die Absicht» zurückzutreten. Die Regierung sollte den Untersuchungsbericht der Spitzenbeamtin Sue Gray möglicherweise noch am Mittwoch erhalten.



Zum genauen Zeitpunkt der Übergabe ihres Berichts wollte sich Gray nicht äussern. Aussenministerin Liz Truss sagte dem Radiosender BBC: «Ich gehe davon aus, dass wir nicht mehr lange warten müssen.» Die Ministerin wollte nicht garantieren, dass der Bericht in allen Einzelheiten für die Öffentlichkeit zugänglich wird, weil dies aus Gründen der Sicherheit problematisch sein könne. «Aber wir werden die Ergebnisse des Berichts auf jeden Fall veröffentlichen», sagte sie.

Polizei ermittelt wegen Partys

Anschuldigungen, der Premierminister und seine Mitarbeiter hätten sich über Corona-Massnahmen hinweggesetzt, während die einfachen Bürger im Lockdown ausharrten und Kontakte vermieden, lösten grosse Empörung in der britischen Öffentlichkeit aus. Einige konservative Abgeordnete forderten bereits den Rücktritt ihres Parteifreundes vom Amt des Regierungschefs. Johnson forderte seine Kritiker auf, zunächst die Schlussfolgerungen Grays abzuwarten und erst dann ein Urteil über ihn zu sprechen.

Diese Argumentation verlor am Dienstag an Überzeugungskraft, als die Londoner Polizei Ermittlungen wegen Partys in Regierungsgebäuden in der britischen Hauptstadt aufnahm. Sie untersuche eine Reihe von Events unter anderem am Amtssitz des Premierministers, weil sie die Ermittlungskriterien für schwerwiegendste Verstösse gegen Corona-Beschränkungen erfüllten, teilte die Metropolitan Police am Dienstag mit.

Die Schlagzeilen britischer Zeitungen am Mittwoch brachten weitere schlechte Nachrichten für Johnson, dessen Beliebtheit in Meinungsumfragen im Zuge des Skandals sank. Der «Guardin» und der «Daily Mirror» sahen den Premier vor dem Ende. Die rechtsgerichtete «Daily Mail» erklärte dagegen, das Land habe jedes Mass verloren.

«Er wurde gewissermassen mit einer Torte überfallen»

Gray untersucht Vorwürfe, Regierungsmitarbeiter hätten sich 2020 und 2021 zu feuchtfröhlichen Feiern und «Wein-Freitagen» getroffen, während im ganzen Land strenge Kontaktbeschränkungen galten. Monatelang waren Treffen mit Angehörigen und Freunden wenn überhaupt nur mit wenigen Teilnehmern erlaubt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Zehntausende Menschen mussten Geldbussen zahlen, weil sie die Regeln nicht eingehalten hatten.

Johnson entschuldigte sich für die Teilnahme an einer Feier im Garten der Büros in der Downing Street im Mai 2020. Er sagte jedoch, er habe geglaubt, bei der Party handele es sich um ein Arbeitstreffen, das nach den damals geltenden Regeln erlaubt gewesen sei. Sein Büro und Parteifreunde verteidigten auch eine Überraschungsparty für den Premierminister im Juni 2020. Der Abgeordnete Conor Burns sagte, Johnson habe nichts von der geplanten Feier gewusst. «Das war keine vorsätzliche, organisierte Party», sagte Burns dem Sender Channel 4 News. «Er wurde gewissermassen mit einer Torte überfallen.»

Rückendeckung bekam Johnson auch vom konservativen Abgeordneten Andrew Rosindell. «Ich bin mir sicher, dass es auch Minister gibt, die Strafzettel für Falschparken und Geschwindigkeitsübertretungen bekommen», sagte er. «Viele Menschen brechen das Gesetz auf kleine Art und Weise, manchmal unbeabsichtigt. Er hat keine Bank ausgeraubt.»

dpa/uri