Ermordete Journalistin Erste Ermittlungsergebnisse im Fall Marinowa

dpa/SDA

8.10.2018

Die bulgarische TV-Journalistin Viktoria Marinowa ist ermordet worden.
Die bulgarische TV-Journalistin Viktoria Marinowa ist ermordet worden.
Keystone

Der Mord an der bulgarischen TV-Journalistin Wiktorija Marinowa sorgt europaweit für Entsetzen. Wurde sie Opfer einer sexuell motivierten Tat oder stecken noch andere Motive dahinter?

Nach dem Mord an einer TV-Moderatorin in Bulgarien suchen Ermittler nach Hinweisen auf den Täter. Dazu würden Personen aus dem kriminellen Milieu überprüft, berichtete der Sender bTV am Montag unter Berufung auf die Polizei. Man gehe derzeit von einem Einzeltäter aus. Auch Bulgariens Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow und Innenminister Mladen Marinow arbeiteten vor Ort in der Stadt Russe an der Aufklärung des Falls.

Die Leiche der 30 Jahre alten Wiktorija Marinowa, Moderatorin eines lokalen Kabelsenders, war am Samstag in einem Park am Donauufer in Russe entdeckt worden, wo sie joggen gegangen war. Sie wurde vergewaltigt. Die Polizei geht eigenen Angaben zufolge auch möglichen beruflichen oder persönlichen Motiven für die Tat nach. Ein Mordmotiv wegen ihrer Tätigkeit als Journalistin sei nicht «die ausschlaggebende Version», sagte Generalstaatsanwalt Zazarow.

An der jüngsten Ausgabe der von Marinowa moderierten Sendung «Detektor» hatten Investigativjournalisten aus Bulgarien und Rumänien teilgenommen, die zu einem angeblichen Betrug mit EU-Fördergeldern recherchiert hatten. Landesweit war die Moderatorin kaum bekannt.

Anschlag auf die Pressefreiheit?

Ihre Tötung löste Entrüstung und Bestürzung weit über Bulgariens Grenzen hinweg aus. «Geschockt von dem brutalen Mord an der bulgarischen Journalistin (...). Meine Gedanken sind mit ihrer Familie», schrieb der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, Manfred Weber, auf Twitter. «Ich bin geschockt von dem entsetzlichen Mord an der Investigativjournalistin», erklärte der Vertreter für Medienfreiheit bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Harlem Désir.

Der Sender TVN, für den Marinowa tätig gewesen war, veröffentlichte ein Foto von ihr mit einem Aufruf im Gedenken an die Moderatorin: «Vollbringe eine gute Tat! Für Wiktorija! Sie würde es so wollen!», appellierte der Sender an die Öffentlichkeit. Im Zentrum der Hauptstadt Sofia, in Russe und in anderen grösseren Städten begannen am Montagabend Gedenkandachten mit Kerzen für Marinowa.

EU fordert Aufklärung

Die zuständigen Behörden müssten klären, ob das Verbrechen in Verbindung zu der Arbeit der Frau stehe, sagte der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Es gehe darum zu garantieren, dass Journalisten überall sicher seien und ihre wertvollen Beiträge für die demokratischen Gesellschaften leisten könnten. «Die EU-Kommission erwartet von der verantwortlichen Behörden eine rasche und gründliche Untersuchung», sagte er.

Ähnliche Stellungnahmen zu dem Mord an der Journalistin Wiktorija Marinowa kamen auch aus dem Europaparlament. Der deutsche Grünen-Abgeordnete Sven Giegold forderte, eine Delegation des Parlaments nach Bulgarien zu schicken, die vor Ort schnellstmöglich Fakten sammeln solle. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Marinowa zuletzt über einen vermuteten Betrug mit EU-Fördergeldern berichtet hatte.

Geschockte Reporter ohne Grenzen

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach von einem Schock und verlangte Polizeischutz für die Kollegen von Marinow. In den vergangenen zwölf Monaten wurden bereits zwei weitere Journalisten in der EU ermordet: Maltas bekannteste investigative Reporterin, Daphne Caruana Galizia, wurde im Oktober mit einer Bombe getötet. Der slowakische Journalist Jan Kuciak wurde im Februar erschossen.

Im diesjährigen Pressefreiheit-Index von Reporter ohne Grenzen lag Bulgarien auf Rang 111 von 180 Ländern. Das ist niedriger als bei jedem anderen EU-Staat.

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