Dritthäufigste Todesursache Coronavirus hat mehr als fünf Millionen Menschen das Leben gekostet

AP/tpfi

2.11.2021

Die USA, die Europäische Union, Grossbritannien und Brasilien stellen zusammen ein Achtel der Weltbevölkerung - verzeichnen aber fast die Hälfte aller Corona-Toten. (Bild: Erinnerung an Covid-Opfer in den USA) 
Die USA, die Europäische Union, Grossbritannien und Brasilien stellen zusammen ein Achtel der Weltbevölkerung - verzeichnen aber fast die Hälfte aller Corona-Toten. (Bild: Erinnerung an Covid-Opfer in den USA) 
Bild: Seth Wenig/AP/dpa

In nur 22 Monate hat das Virus mehr Menschen getötet als alle Kämpfe zwischen Staaten seit 1950. Paradox ist, in welchen Staaten die Krankheit die meisten Opfer fordert.

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Die Zahl der weltweiten Todesopfer durch das Coronavirus ist auf mehr als fünf Millionen gestiegen. Das ging aus Daten hervor, die die amerikanische Johns-Hopkins-Universität am Montag veröffentlichte. «Diese niederschmetternde Wegmarke erinnert uns daran, dass wir einen grossen Teil der Welt im Stich lassen», erklärte UN-Generalsekretär António Guterres auch mit Blick auf die Tatsache, dass in Afrika nur fünf Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind.

Die von der Johns-Hopkins-Universität ermittelte Zahl der weltweiten Todesopfer entspricht etwa der Einwohnerzahl von Los Angeles und San Francisco zusammen. Allein die USA verzeichneten in knapp zwei Jahren mehr als 740’000 Corona-Tote und damit mehr als jedes andere Land.

Wirkliche Todeszahl dürfte weitaus höher liegen

Nach Schätzungen des Friedensforschungsinstituts in Oslo übersteigt sie die Zahl der Menschen, die seit 1950 in den Kämpfen zwischen den Nationen getötet wurden. Weltweit ist Covid-19 nun die dritthäufigste Todesursache nach Herzkrankheiten und Schlaganfällen. Dabei ist der Wert von fünf Millionen Todesopfern mit ziemlicher Sicherheit zu niedrig angegeben, weil vor allem in den ärmeren Ländern Menschen unbemerkt infiziert werden und ohne medizinische Betreuung sterben.

Die Corona-Krisenherde haben sich in den 22 Monaten seit Ausbruch der Pandemie immer wieder verschoben. Derzeit ist das Virus vor allem in Russland, der Ukraine und anderen Teilen Osteuropas aktiv, und zwar besonders dort, wo Gerüchte, Falschinformationen und Misstrauen die Impfbemühungen der Behörden behindern. In Ukraine etwa sind nur 17 Prozent der Erwachsenen geimpft, in Armenien sogar nur sieben.

Das wirklich Einzigartige an der Pandemie sei jedoch, dass Corona die reichsten Länder am härtesten treffe, sagte der Gesundheitsforscher Wafaa El-Sadr von der Columbia University. Die USA, die Europäische Union, Großbritannien und Brasilien stellen zusammen ein Achtel der Weltbevölkerung, verzeichneten aber fast die Hälfte aller Corona-Toten. «Das ist die Ironie von Covid-19», sagte El-Sadr.

Arme Menschen besonders betroffen

Menschen in reicheren Ländern haben eine höhere Lebenserwartung. Dort ist auch der Anteil derjenigen höher, die Krebs überlebt haben oder in Pflegeheimen betreut werden. In ärmeren Staaten gebe es dagegen einen höheren Anteil von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, unter denen der Anteil schwerer Covid-19-Verläufe geringer sei, sagte El-Sadr. So habe Indien eine deutlich geringere Todesrate als die wohlhabenderen Staaten Russland, Grossbritannien oder die USA.

Auf den ersten Blick scheint Corona also den allgemein angenommenen Zusammenhang zwischen Reichtum und Gesundheit aufgehoben zu haben. Das gilt allerdings nur, sofern man ganze Staaten miteinander vergleicht. Beim Blick auf die einzelnen Länder zeigt sich jedoch, dass das Virus in den jeweils ärmeren Bevölkerungsteilen am stärksten um sich greift.

In den USA etwa ist die Opferzahl unter Schwarzen und Latinos ausserordentlich hoch. Bei beiden Gruppen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie in Armut leben und weniger Zugang zu medizinischer Hilfe haben. «Wenn wir unsere Mikroskope herausholen, sehen wir, dass innerhalb der Staaten die Schwächsten am meisten gelitten haben», sagte der Infektologe Albert Ko von der Yale School of Public Health.