Zermürbungskrieg im Donbass «Ich würde mein Geld auf die Ukraine setzen»

toko

21.6.2022

Der ehemalige Vier-Sterne-General und CIA-Direktor David Petraeus bei einer Veranstaltung 2018.
Der ehemalige Vier-Sterne-General und CIA-Direktor David Petraeus bei einer Veranstaltung 2018.
EPA/Him Hollander/Keystone

Für Ex-CIA-Chef David Petraeus kommt es im Donbass nun darauf an, welche Seite ihre Truppen schneller verstärken kann. Die Verteidiger werden laut dem General trotz hohen Verlusten die Oberhand behalten.

toko

21.6.2022

Russische und ukrainische Streitkräfte liefern sich im Osten der Ukraine weiterhin schwere Gefechte — mit grossen Verlusten auf beiden Seiten. Nach anfänglichen Erfolgen macht Putins Armee im Donbass jedoch kaum mehr Fortschritte.

Der ehemalige CIA-Chef und Vier-Sterne-General David Petraeus sieht die ukrainischen Streitkräfte trotz hoher Verluste in einer guten Position. «Ich würde mein Geld auf die Ukraine setzen», sagte er dem US-amerikanischen TV-Sender CNN.

Blutiger Abnutzungskrieg

Die Ukraine habe noch «Zehntausende, vielleicht über Hunderttausend» Soldaten zur Verfügung, die bereits rekrutiert wurden oder sich in der Ausbildung befinden. Zudem erhalte das Land «riesige Mengen Waffen und Munition» von den USA, anderen Nato-Mitgliedern sowie weiteren westlichen Staaten.

Im Donbass werde derzeit ein «zermürbender, blutiger und kostspieliger Abnutzungskrieg» geführt. Die russischen Streitkräfte würden fast ausschliesslich Artillerie, Bomben, Raketen sowie Marschflugkörper einsetzen, um die ukrainischen Verteidigungsanlagen zu zerstören, besonders in dicht bebauten Gebieten.

Ihre Strategie bestehe darin, jene Orte in Schutt und Asche zu legen und anschliessend jene Trümmerhaufen einzunehmen, die sie zuvor entvölkert haben.

Die Frage sei nach Ansicht von Petraeus gleichwohl, ob die russischen Truppen diese Intensität aufrechterhalten können. Möglicherweise hätten sie in dieser Region bereits so viel in die Waagschale geworfen, dass sie woanders nicht mehr schlagkräftig genug seien.

Dies würde es den Ukrainern erlauben, sich mithilfe der grossen Lieferungen an Waffen und Munition zu verstärken um schliesslich aus dem Südwesten Richtung Cherson zurückzuschlagen sowie von Charkiw aus Richtung Süden vorzustossen.

Petraeus zufolge wird sich in den kommenden Wochen zeigen, welche Seite ihre Kräfte schneller verstärken und ob Russland wirklich die Waffensysteme und Munition ersetzen kann, die es verliert. Schliesslich habe Russland an einem einzigen Tag mehr Verluste zu beklagen als die USA und ihre Verbündeten im «schlimmsten Monat» des zweiten Irakkriegs — auch die ukrainischen Verluste seien jedoch hoch.

Ukraine-Krieg: Bewohner von Lyssytschansk trotzen den Angriffen

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine konzentriert sich auf die Region Donbass im Osten. In Lyssytschansk harren nur noch wenige Zivilisten aus – viele von ihnen in kellern ohne Strom, Wasser und Handyempfang.

20.06.2022

«Die Russen spiessen sich selbst auf»

Die derzeitige Vorgehensweise der russischen Streitkräfte zeige sich etwa in Sjewjerodonezk, wo ukrainische Truppen bereits zahlreichen Angriffen standgehalten und noch immer nicht aufgegeben hätten: «Die Russen spiessen sich dort selbst auf», sagt der Vier-Sterne-General.

Nach der Schlacht um Sjewjerodonezk sieht Petraeus die Ukraine am Zug. Die Russen würden sich in der Stadt verbarrikadieren und so den ukrainischen Streitkräften die Gelegenheit geben, aus dem Südwesten vorzustossen, um Cherson zu befreien.