Befördert statt gefeuert «Noch zwei Fehltritte und Maassen ist Bundeskanzler»

dpa/phi

19.9.2018

Hans-Georg Maassen und Horst Seehofer im Juli 2018 in Berlin.
Hans-Georg Maassen und Horst Seehofer im Juli 2018 in Berlin.
Bild: Keystone

Für den Verfassungsschutz war Hans-Georg Maassen nicht tragbar, für das deutsche Innenministerium aber schon. Das sorgt nun für Ärger in Berlin.

Die Beförderung von Hans-Georg Maassen zum Staatssekretär von Innenminister Horst Seehofer (CSU) stösst in der SPD auf massive Kritik. Parteivize Ralf Stegner bezeichnete den Wechsel des bisherigen Verfassungsschutzchefs in die Regierung als «Desaster» und sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der Geduldsfaden mit dieser grossen Koalition wird in der SPD extrem dünn.»

Von SPD-Chefin Nahles abgesegnet

Juso-Chef Kevin Kühnert erklärte: «Meine persönliche Schmerzgrenze ist erreicht.» CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte dagegen, die Entscheidung sei im Einvernehmen mit der SPD gefallen. Tatsächlich hatte SPD-Chefin Andrea Nahles der Personalie bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Seehofer am Dienstag zugestimmt.

Andrea Nahles schüttelt Seehofers Hand: Das Foto wurde am 13. September 2018 in Berlin aufgenommen.
Andrea Nahles schüttelt Seehofers Hand: Das Foto wurde am 13. September 2018 in Berlin aufgenommen.
Keystone

Die SPD hatte zuvor wegen grundsätzlicher Zweifel an Maassens Eignung im Kampf gegen Rechtsextremismus seine Ablösung als Behördenchef gefordert und mit dem Ende der grossen Koalition gedroht. Auslöser war unter anderem die Äusserung Maassens, ihm lägen «keine belastbaren Informationen» vor, dass es in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben habe.

Seehofer hatte Maassen wiederholt das Vertrauen ausgesprochen. Am Dienstag verständigten sich Merkel, Seehofer und Nahles dann auf dessen Ablösung als Behördenchef und seinen Wechsel ins Bundesinnenministerium. Seehofer will an diesem Mittwoch über die neuen Zuständigkeiten in seinem Ministerium informieren.

Wacht Maassen nun über Innere Sicherheit?

Nach «Bild»-Informationen soll Maassen als Staatssekretär die Zuständigkeit für Innere Sicherheit und Cybersicherheit übernehmen. Die Grünen warnten schon vorher, falls der 55-Jährige für Innere Sicherheit zuständig werden sollte, wäre er weiter für denselben Bereich wie bisher verantwortlich. Wer Maassen beim Verfassungsschutz nachfolgen soll, blieb zunächst offen.

CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer wies die Kritik zurück. Schliesslich sei es die SPD gewesen, die die Ablösung Maassens zu einer Koalitionsfrage gemacht habe, sagte sie im ZDF. «Diese Frage ist heute geklärt worden, und zwar nicht nur von einer Koalitionspartei, sondern im Einvernehmen auch mit den Sozialdemokraten.» Die CDU sei froh, dass diese Regierung ihre Arbeit fortsetzen könne.

Bürger-Wut auf Social Media

Die Grünen sprachen von einem «Schmierentheater». Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung»: «Wir brauchen beim Verfassungsschutz einen Neustart und eine echte Zäsur.» FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae wertete die Beförderung Maassens als Zeichen für einen Autoritätsverlust Merkels. «Der CSU-Vorsitzende kann sich offenbar alles erlauben, sogar gegenüber der Bundeskanzlerin», sagte er der «Augsburger Allgemeinen».

Der gemeine Bürger liess seinem Ärger über die Berliner Ränkespiele auf Social Media freien Lauf. Die Stilmittel der Wahl: Zynismus, Sarkasmus und beissende Ironie.

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