Reaktionen auf Klima-Bericht «Das muss die Totenglocke für fossile Brennstoffe sein»

Von Andreas Fischer

9.8.2021

Greta Thunberg ist nicht überrascht, der UNO-Generalsekretär läutet die Totenglocke für fossile Brennstoffe, und die Klimajugend hat nichts zu verlieren: die Reaktionen aus dem In- und Ausland auf den neuen Klimabericht.

Von Andreas Fischer

9.8.2021

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg sieht sich von den Erkenntnissen des neuen Berichts des Weltklimarats (IPCC) bestätigt. «Der neue IPCC-Bericht enthält keine wirklichen Überraschungen. Er bestätigt, was wir schon aus Tausenden vorherigen Studien und Berichten wissen – dass wir uns in einem Notfall befinden», schrieb die 18-Jährige am Montag auf Twitter und Instagram.

Thunberg schrieb, es komme jetzt darauf an, «mutig zu sein und basierend auf den in diesen Berichten bereitgestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen Entscheidungen zu treffen». Noch könnten die schlimmsten Folgen des Klimawandels vermieden werden.

Allerdings nicht, wenn man sich um ein paar Rappen Benzinpreiserhöhung streitet, wie ein Schweizer Twitter-Nutzer findet.

Politik muss jetzt schnell handeln

Umweltministerin Simonetta Sommaruga verspricht auf Twitter, dass sich die Schweiz an der UNO-Klimakonferenz 2021 in Glasgow (31. Oktober bis 12. November) für einen wirksamen globalen Klimaschutz einsetzen werde. «Der Weltklimarat dokumentiert, was mir Minister aus betroffenen Ländern eindrücklich schildern: Bei ihnen versinken ganze Landstriche im Wasser, lodern riesige Waldbrände», schreibt die Bundesrätin in einer ersten Reaktion.

Grossbritannien als Gastgeber der nächsten Klimakonferenz ruft angesichts der alarmierenden Ergebnisse des Sachstandsberichts des Weltklimarates zu sofortigem Handeln auf. Er hoffe, dass «der heutige IPCC-Bericht ein Weckruf für die Welt sein wird, jetzt zu handeln, bevor wir uns im November in Glasgow zum entscheidenden COP26-Gipfel treffen werden», erklärte der britische Premierminister Boris Johnson.

Im türkischen Sirtkoy lodert ein Waldbrand: Extreme Wettereignisse werden laut Weltklimabericht in Zukunft häufiger und intensiver.
Im türkischen Sirtkoy lodert ein Waldbrand: Extreme Wettereignisse werden laut Weltklimabericht in Zukunft häufiger und intensiver.
Uncredited/AP/dpa

Für UNO-Generalsekretär António Guterres sind «die Alarmglocken ohrenbetäubend, und die Beweise sind unwiderlegbar». Die Treibhausgase erstickten den Planeten und brächten Milliarden Menschen in Gefahr.

Die Lebensfähigkeit der Gesellschaft hänge davon ab, dass Politik, Unternehmen und der Zivilgesellschaft gemeinsam Massnahmen ergreifen, um den Temperaturanstieg gemäss der Pariser Klimaziele auf 1,5 Grad begrenzen: «Der Bericht muss die Totenglocke für Kohle und andere fossile Brennstoffe sein, bevor sie unseren Planeten zerstören.»

Grüne wollen abgelehntes CO₂-Gesetz teilweise umsetzen

«Es brennt: Der Einsatz für Klimagerechtigkeit ist wichtiger denn je», schreibt Grünen-Parteipräsident Balthasar Glättli auf Twitter. «Der neue IPCC Bericht zeigt wissenschaftlich breit abgestützt, dass die Klimakrise sich massiv verschärft. Das Parlament könnte rasch handeln.»

Für die Grünen ist klar: «Nach dem Nein zum CO₂-Gesetz muss die Schweiz jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, damit wir die Pariser Klimaziele dennoch erreichen», wie der Thurgauer Nationalrat Kurt Egger mitteilt.

Seine Partei fordert vom Parlament, dass es die unbestrittenen Elemente des CO₂-Gesetzes umsetzt, darunter Massnahmen für einen klimafreundlichen Finanzplatz, die Förderung des Klimaschutzes durch einen Klimafonds oder Emissionsgrenzwerte bei Fahrzeugen.

FDP steht zum Klimaziel

Auch die FDP werde sich für eine Neuauflage der Revision des CO₂-Gesetzes sowie kurzfristig für eine Übergangsregelung betreffend die auslaufenden Massnahmen einsetzen.

Die FDP bekennt sich klar zum Pariser Klimaübereinkommen, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Die dafür notwendige Reduktion der Treibhausgasemissionen auf Netto null bis 2050 sei bereits an der Delegiertenversammlung vom 22. Juni 2019 beschlossen worden.

Diese Zielsetzung sei auch mit der Ablehnung des CO₂-Gesetzes nicht infrage gestellt worden. Vielmehr sei deutlich geworden, dass die Problematik mit klar liberalen klima- und umweltpolitischen Massnahmen anzugehen sei. 

SP will einen «Ruck» durchs Land gehen sehen

Es müsse nun «ein Ruck durch die Schweiz» gehen nach dem «bedauerlichen Nein vom 13. Juni», als das CO₂-Gesetz bei der Volksabstimmung knapp abgelehnt wurde – das sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Was ihm konkret vorschwebt? So einiges: eine verstärkte Förderung von Gebäudesanierungen, strengere Regeln bei der Neuzulassung von Fahrzeugen und die Förderung von Elektrofahrzeugen, mehr erneuerbare Energien, einen Ausbau des Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes als Alternative zum Flugverkehr und eine Regulierung der Banken mit einem Verbot von Investitionen in Öl, Gas und Kohle.

Klimajugend hat nichts zu verlieren

Auch Greenpeace Schweiz fordert, dass die Klimapolitik in der Schweiz nach dem Nein zum CO₂-Gesetz nicht ruhen dürfe. «Wir müssen mehrheitsfähige Wege für den notwendigen Klimaschutz suchen», wird Georg Klingler, Klimaexperte bei Greenpeace, in einer Reaktion der Organisation zitiert.

Die Bewegung Klimastreik Schweiz sieht in dem IPCC-Bericht die Bestätigung, dass die Menschen nichts zu verlieren, aber eine Welt zu gewinnen hätten. Am 24. September will sich die Bewegung mit schweizweiten Aktionen am globalen Klimastreik beteiligen.