ÖsterreichDeutsche Journalisten kritisieren FPÖ-Angriff auf Pressefreiheit
SDA
1.3.2018 - 15:50
Prominente deutsche Fernseh-Journalisten haben die Angriffe des österreichischen Vize-Kanzlers Heinz-Christian Strache von der rechtspopulistischen FPÖ auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ORF in Österreich scharf kritisiert.
Sie zogen einen Vergleich zur Lage in Ungarn und Polen.
"Mit grosser Sorge beobachten wir die Angriffe von Politikern Ihres Koalitionspartners FPÖ auf unabhängige Journalisten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF in Ihrem Land", schrieben die Journalisten von ARD und ZDF in einem offenen Brief an den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Sie warfen Strache einen Angriff auf die Pressefreiheit vor.
Zu den Unterzeichnern des Schreibens gehören unter anderen die Moderatoren Claus Kleber, Marietta Slomka, Anne Will, Frank Plasberg, und Maybrit Illner.
Die Journalistinnen und Journalisten zeigten sich "bestürzt über das Facebook-Posting" Straches, in dem dieser den Nachrichtenmoderator und Träger des Hanns-Joachim-Friedrichs-Fernsehpreises, Armin Wolf, "mit Lüge und Propaganda gleichsetzt und hunderte Journalistinnen und Journalisten des ORF als Propagandisten und Produzenten von Falschmeldungen verleumdet". Diese würden an den "Pranger" gestellt.
"Denunziatorischer Inhalt"
Der "denunziatorische Inhalt" des Facebook-Eintrags verletze "die Grenzen politischen Anstands im Umgang mit freier Presse und unabhängigen Medien", kritisierten die deutschen Journalisten.
Als Vizekanzler der österreichischen Regierung versuche Strache, "den persönlichen Ruf von Journalisten zu beschädigen und deren Glaubwürdigkeit zu untergraben". Dies sei ein "Angriff auf einen der wichtigsten Grundwerte demokratischer Ordnung, die Pressefreiheit".
Die Journalisten verglichen das Vorgehen mit "den Methoden der ungarischen und polnischen Regierung, durch Druck und Diffamierung die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten einzuschränken".
Erstaunt über Kanzler Kurz
Sie zeigten sich zugleich "verwundert" über die "Zurückhaltung" des konservativen Bundeskanzlers Kurz "in diesem für die Meinungs- und Pressefreiheit eines europäischen Landes so wichtigen Fall". Sie forderten Kurz indirekt auf, den "pressefeindlichen und demokratieschädlichen Attacken durch österreichische Regierungsvertreter" Einhalt zu gebieten.
Der ORF hatte nach Straches Facebook-Posting auf Unterlassung geklagt. Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf den ORF berichtete, richtet sich die Klage auch gegen Facebook selbst, weil das Online-Netzwerk einem Löschungsantrag des Rundfunksenders nicht nachgekommen sei.
Auch der Journalist Armin Wolf hatte Klage eingereicht. Straches Anwälte unterbreiteten Wolf laut APA ein Vergleichsangebot, wonach sich Strache bei Wolf entschuldigen will.
Strache hatte laut APA einen Eintrag verbreitet, der Wolf im Nachrichten-Studio zeigt. Der Text dazu lautete: "Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF." Im Kleingedruckten stand demzufolge noch zu lesen: "Das Beste aus Fake News, Lügen und Propaganda, Pseudokultur und Zwangsgebühr. Regional und international. Im Fernsehen, im Radio und auf dem Facebook Profil von Armin Wolf."
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