Deutschland Deutscher Staat will Katastrophenschutz nicht an sich ziehen

SDA

26.7.2021 - 16:15

Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, kommt zur Sitzung des Bundestags-Innenausschusses. Nach der verheerenden Unwetterkatastrophe in Westdeutschland soll der deutsche Katastrophenschutz verbessert werden. Seehofer sprach sich gegen eine zentrale Führungsrolle der Bundesbehörden aus. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, kommt zur Sitzung des Bundestags-Innenausschusses. Nach der verheerenden Unwetterkatastrophe in Westdeutschland soll der deutsche Katastrophenschutz verbessert werden. Seehofer sprach sich gegen eine zentrale Führungsrolle der Bundesbehörden aus. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Keystone

Nach der verheerenden Unwetterkatastrophe in Westdeutschland mit mehr als 170 Toten soll die Zusammenarbeit von Staat, den 16 Ländern und den Kommunen beim Katastrophenschutz verbessert werden.

Für eine neue zentrale Führungsrolle der Bundesbehörden zeichnet sich dagegen keine Mehrheit ab. Die im Katastrophenfall notwendigen Entscheidungen müssten weiter vor Ort getroffen werden, ein Eingreifen in die Kompetenzen von Ländern und Kommunen wäre hier der falsche Weg, sagte Innenminister Horst Seehofer am Montag im Bundestag bei einer Sondersitzung des Innenausschusses. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) solle lediglich als «Kompetenzzentrum von Bund und Ländern eine stärkere koordinierende Rolle» übernehmen, betonte er. Darauf hätten sich die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern auch bereits vor den Überflutungen im Westen Deutschlands geeinigt.

Durch die Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen waren in der vorvergangenen Woche mindestens 179 Menschen ums Leben gekommen, Dutzende werden noch immer vermisst.

Noch ungeklärt ist, weshalb die betroffenen Länder und Kommunen vor der Katastrophe nicht ausreichend gewarnt hatten. In einem am 14. Juli mittags – also mehrere Stunden vor der Katastrophe – erstellten Bericht des Gemeinsamen Melde- und Lagezentrums von Bund und Ländern hiess es: «Im morgigen Tagesverlauf ist ein Anstieg des Wasserstands bis in den Bereich von 900 cm nicht ausgeschlossen, jedoch aufgrund der unsicheren Niederschlagsvorhersage noch schwer abzuschätzen.»

Die Bewältigung akuter Katastrophenlagen liegt bislang in der Verantwortung der Länder und Kommunen. Der Bund hat seinerseits die Aufgabe, für den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall zu sorgen. Einige Experten halten die Aufteilung für überholt.

Gegen Warnungen der Bevölkerung per Cell Broadcasting hatte es in Deutschland vor den von Starkregen ausgelösten Überschwemmungen wohl Widerstand gegeben. Von der Idee seien «nicht immer alle begeistert gewesen in den letzten Monaten», bestätigte Seehofer. «Aber ich habe entschieden, dass wir es tun und machen, da gibt es überhaupt kein vernünftiges Argument dagegen», fügte er hinzu.

Beim Cell Broadcasting wird ähnlich wie bei einer SMS eine Nachricht an Handy-Nutzer verschickt – und zwar an alle Empfänger, die sich zu dem Zeitpunkt in der betreffenden Funkzelle aufhalten.

Die Telekom hatte sich vergangene Woche offen dafür gezeigt, das dafür notwendige System aufzubauen. Vodafone betreibe zusätzliche Warnsysteme auf Basis von Cell Broadcast bereits für Behörden in mehreren Ländern wie etwa Italien und Grossbritannien und könne dies auch in Deutschland anbieten, wenn die Behörden dafür einen Auftrag erteilten, sagte ein Unternehmenssprecher.