RepublikanerDie rechten Trump-Getreuen geben längst den Ton an
SDA
14.12.2021 - 20:46
Marjorie Taylor Greene fällt vor allem mit kruden Verschwörungstheorien auf. Doch wer die weit rechts stehende US-Republikanerin als einfache Spinnerin abtut, unterschätzt ihren Einfluss in der Partei.
Keystone-SDA
14.12.2021, 20:46
sda/dpa
Sie ist eine glühende Anhängerin von Ex-Präsident Donald Trump und sitzt seit knapp einem Jahr im US-Repräsentantenhaus. Die 47-jährige Abgeordnete aus Georgia schart eine Gruppe von Republikanern mit extrem rechten Positionen um sich. Sie gilt sogar auch unter Republikaner*innen als Aussenseiterin.
Doch am Beispiel von Marjorie Taylor Greene zeigt sich: Die Bedeutung der Rechten innerhalb der konservativen Partei wächst. Das liegt vor allem am unbedingten Willen zur Macht der Republikaner.
Greene und ein paar andere Rechtsaussen scheinen sich bei den Republikanern mittlerweile mit unverhohlen rassistischen oder gewaltverherrlichenden Äusserungen austoben zu können – ohne dass die Parteispitze öffentlich einschreitet oder Konsequenzen drohen. Vor den wichtigen Zwischenwahlen Ende 2022, bei denen die Republikaner die Mehrheit im Kongress zurückerobern wollen, geben die Rechten in der Partei den Ton an.
Und Greenes Botschaft ist klar: Wer sich mit mir anlegt, legt sich auch mit Trump an. Und das wagt kaum jemand.
Kein bisschen leise
Greene hat seit Januar einen Sitz im Repräsentantenhaus. Die evangelikale Christin hatte sich mit Thesen der QAnon-Verschwörungstheorie hervorgetan. Deren Anhänger*innen glauben beispielsweise, dass Trump systematischen Kindesmissbrauch durch satanistische Politiker der US-Demokraten aufzudecken versuchte.
Anfang des Jahres musste sie auf Bestreben der Demokraten bereits wegen radikaler Äusserungen ihre Posten in mehreren Ausschüssen im US-Kongress räumen. Seitdem hat sie sich in ihrem Ton keineswegs gemässigt – und im Kongress eine treue Anhängerschaft aufgebaut. Das Grüppchen steht für Hass und Hetze – und kann in der eigenen Partei weitgehend ungestört agieren.
Als der Republikaner Paul Gosar jüngst ein gewaltverherrlichendes Video veröffentlichte, stimmten nur zwei Republikaner mit den Demokraten für eine formelle Rüge Gosars. Der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, warf den Demokraten hingegen Doppelmoral und Machtmissbrauch vor.
In dem Video mit Comic-Szenen ist Gosar als Superheld dargestellt und attackiert die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez brutal. Nur kurze Zeit später wurden Aussagen bekannt, in denen die Republikanerin und Waffennärrin Lauren Boebert die muslimische Abgeordnete der Demokraten, Ilhan Omar, mit einer Terroristin vergleicht. McCarthy verurteilte die islamophoben Beleidigungen Boeberts nicht öffentlich.
Als Republikanerin Nancy Mace die Aussagen schliesslich kritisierte, mischte sich Greene ein und bezeichnete Mace als «Müll» und schwärzte sie öffentlich bei Trump an. Die rechten Trumpisten rund um Greene – Boebert, Gosar oder auch Madison Cawthorn, Jim Jordan und Matt Gaetz – bedienen alle den Trump-Sound. Sie wollen ihr Idol wieder an der Macht sehen, besitzen grosse Fangemeinden in den sozialen Netzwerken und sind meist noch nicht besonders lang Abgeordnete im Kongress. «Der Einfluss der Trump-Loyalisten spiegelt das Wesen der heutigen Republikanischen Partei wider», schreibt die «Washington Post».
Dass Trump nicht nur den politischen Ton verändert hat, sondern noch grossen Einfluss hat, zeigt sich immer wieder. Einen Tag, nachdem Gosar formell vom Repräsentantenhaus gerügt wurde, sagte Trump dem 63-Jährigen aus Arizona öffentlich seine Unterstützung zu und lobte ihn über den grünen Klee. Eine solche Unterstützung bedeutet für Gosar wahrscheinlich vor allem eins: Aufmerksamkeit und damit Geldspenden von Trump-Anhängern. Allein das kann Gosar als Erfolg seiner Empörungsaktion verbuchen.
Wer Kritik übt, muss teuer bezahlen
Die einzigen Republikaner, die für eine Rüge Gosars stimmten, waren übrigens Adam Kinzinger und Liz Cheney, die Tochter von Ex-Vizepräsident Dick Cheney. Sie sind auch die einzigen Republikaner, die im Ausschuss zur Aufklärung des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar sitzen. Dafür haben sie in ihrer Partei einen hohen Preis bezahlt und sind auch auf Drängen Trumps in Ungnade gefallen. Die Aufklärung der Attacke mit fünf Toten haben die Republikaner im Repräsentantenhaus immer wieder torpediert – allen voran Minderheitsführer McCarthy.
Sein erklärtes Ziel ist es, die Demokratin Nancy Pelosi nach den Wahlen 2022 als Sprecherin des Repräsentantenhauses abzulösen. Will er das erreichen, darf er es sich mit den rechten Trump-Fans nicht verscherzen. Denn sollten die Republikaner nur eine knappe Mehrheit erringen, kommt es für ihn auf jede Stimme in seiner Partei an.
Auf Extremistin Greene kann er sich dabei nicht verlassen – sie hat schon Bedingungen für den Fall der Fälle aufgestellt und setzt so den 56-Jährigen unter Druck. Die Botschaft ist klar: Wer gegen Trump oder seine Lieblinge vorgeht, riskiert das Ende seiner Karriere.
«In Washington, einer Stadt mit schamlosem Ehrgeiz, sticht Kevin McCarthys Machthunger hervor – und seine offensichtliche Bereitschaft, (diese Macht) zu bekommen, egal, wie erniedrigend es ist», schrieb jüngst das Magazin «Vanity Fair». Anstand, Respekt und/oder die Achtung parlamentarischer Gepflogenheiten – darauf ist bei den Republikanern kein Verlass mehr. Und der Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida, der in der Vergangenheit behauptete, Antifa-Anhänger hätten das Kapitol gestürmt, kündigte auf einer Pressekonferenz mit Greene und Gosar jüngst an: «Wir werden nach der nächsten Wahl die Macht übernehmen.»