F-16 für die Ukraine: Deshalb sind westliche Kampfjets für Selenskyj so wichtig
Dänemark und die Niederlande liefern der ukrainischen Armee westliche Kampfflugzeuge. Nur ein politisches Signal, oder können die Jets die Ukraine in ihrem Befreiungskampf wirklich unterstützen?
22.08.2023
Drei ukrainische Kampfpiloten kamen bei einem Jet-Unglück ums Leben, doch um einen von ihnen trauert Präsident Selenskyj besonders: Andrij Pilschtschykow war ein nützlicher Fürsprecher für die F-16-Kampfjets.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Der ukrainische Kampfpilot Andrij Pilschtschykow war unter den Todesopfern des Flugzeugzusammenstosses vom Freitag.
- Sowohl Präsident Wolodymyr Selenskyj als auch das urkainische Militär loben den verstorbenen 29-Jährigen für seine Verdienste im Kampf gegen die russischen Truppen.
- Pilschtschykow setzte sich besonders engagiert für Lieferungen des amerikanischen F-16-Kampfjets an die Ukraine ein.
- Auch der Präsident setzt grosse Hoffnungen in die F-16.
Präsident Wolodymyr Selenskyj gedachte am Samstag aller drei Piloten, die bei einem Zusammenstoss zweier Flugzeuge am Freitag ums Leben gekommen waren. Doch einen der Piloten hob er spezielle hervor: Andrij Pilschtschykow, der unter dem Spitznamen «Juice» bekannt war.
Gerade Pilschtschykow habe viel zur Luftverteidigung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression beigetragen, lobte Selenskyj. Und versprach eine lückenlose Aufarbeitung der Tragödie.
Auch das ukrainische Verteidigungsministerium würdigte den Verstorbenen aus der Plattform X (ehemals Twitter) mit einem Foto, das ihn in heldenhafter Pose zeigt.
Wer war dieser «Juice», dessen Leistungen vom Staatschef so hervorgehoben werden? Der britische «Guardian» ist dieser Frage nachgegangen.
Yurij Ihnat, ein Sprecher der ukrainische Luftwaffe, beschreibt Pilschtschykow als ein «Mega-Talent» und Anführer von Reformbemühungen. «Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr er eine F-16 fliegen wollte», schrieb Ihnat. «Aber jetzt, wo die amerikanischen Flugzeuge tatsächlich in Sicht sind, wird er sie nicht fliegen.»
Glühender Fürsprecher der F-16
Pilschtschykow war 29 Jahre alt und sprach fliessend Englisch. Das machte ihn für Kiew zum nützlichen Fürsprecher, um in westlichen Medien für die ukrainischen Anliegen zu werben.
In einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN sprach er etwa im Juni über die Aussicht, dass die ukrainischen Soldaten bald F-16-Jets von ihren westlichen Partnern erhalten sollten. Und er setzte grosse Hoffnungen in diese Lieferung: «Ich glaube, dass wir in vier bis sechs Monaten lernen können, sie zu fliegen, das ist realistisch», sagte Juice. «Unser Übergangstraining wird verdammt einfach sein.»
Die ukrainischen Piloten würden bereits jetzt versuchten, die Grundlagen der F-16-Steuerung zu erlernen, indem sie improvisierte Flugsimulatoren und alle nicht klassifizierten Handbücher nutzten, die sie finden könnten.
Laut dem «Guardian»-Bericht machte der junge Ukrainer schon in den ersten Kriegswochen nach dem russischen Einmarsch im Februar 2022 von sich reden. Juice forderte lautstark amerikanische Kampfjets ein, um die ukrainische Luftwaffe zu stärken. Diese musste nämlich auf veraltete Kampfjets aus Sowjetzeiten setzen, wie die Mi-29, die Pilschtschykow flog.
Am Freitag kam er im ukrainischen Gebiet Schytomyr ums Leben. Bei einem Trainingsflug kollidierten zwei Maschinen des Typs L-39 in der Luft miteinander.
Seinen Spitznamen Juice (Englisch für Saft) soll er von US-Soldaten während einer gemeinsamen Trainingseinheit erhalten haben, weil er keinen Alkohol trank.
Selenskyj hofft auf rasche Lieferung
Genau wie der verstorbene Pilot hat auch Präsident Selenskyj grosse Hoffnungen, dass die F-16 das Kampfgeschehen zugunsten der Ukraine kippen wird: Mit den Kampfjets will die Ukraine bei ihrer Gegenoffensive die Schlagkraft gegen die russischen Angriffe erhöhen und vor allem ihren Luftraum noch besser schützen können als bisher. Die F-16 werde es sogar ermöglichen, dass wieder zivile Flüge in der Ukraine stattfinden könnten, sagte er am Samstag.
Norwegen, Dänemark und die Niederlande haben angekündigt, Kiew mit F-16-Maschinen zu beliefern. Der Zeitpunkt ist aber noch unbekannt. Selenskyj hatte erst am Freitagabend auf Tempo gedrängt, es müsse «so schnell wie möglich» gehen. Demnach schicke das ukrainische Militär bereits Piloten und Ingenieure zur Ausbildung in verbündete Staaten, zudem werde bereits die Infrastruktur für die neuen Jets angepasst. «Wir müssen sichergehen, dass die Ukraine voll und ganz bereit ist.»
ETH-Analyst sieht F-16 nicht als «Gamechanger»
Nach Ansicht von des Militäranalysten Niklas Masuhr wäre die F-16 zwar von grossem Nutzen für die Ukraine, aber kein «Gamechanger», der den Kriegsverlauf entscheidet. Das sagte der Forscher am Center for Security Studies der ETH in Zürich der Nachrichtenagentur DPA.
Doch: «Selbst eine minimale ukrainische F-16-Flotte kann dafür sorgen, dass die russische Luftwaffe sich vorsichtiger verhalten muss», sagte Masuhr. Die Ukraine könnte sie damit von der Front besser fernhalten. «Die russische Luftwaffe müsste Waffen aus grösserer Distanz abwerfen oder mit höherem Risiko fliegen.»
USA beginnen bald mit F-16-Ausbildung ukrainischer Piloten
Die USA wollen in Kürze mit der Ausbildung von Ukrainern an F-16-Kampfflugzeugen beginnen. Damit soll laut Pentagon die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine im russischen Angriffskrieg gestärkt werden.
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