Trumps Gegner – und der Elefant im Raum«Donald, ich weiss, dass du zusiehst»
Philipp Dahm
28.9.2023
Falsche Angaben über Vermögen: US-Richter wirft Trump Betrug vor
Ist Donald Trump ein Betrüger? Ja, sagt zumindest ein New Yorker Richter. Dieser wirft Trump vor, jahrelang den Firmenwert seiner Trump Organization manipuliert und damit Betrug begangen zu haben. Der Ex-Präsident, seine Söhne sowie leitende Mitarbeiter hätten den Wert des Unternehmens in Geschäftsberichten systematisch zu hoch angesetzt, um zu günstigeren Konditionen an Kredite und Versicherungsverträge zu kommen, heisst es in einer vorläufigen Entscheidung.
28.09.2023
Die Republikaner scheinen gerade alles daran zu setzen, sich öffentlich zu zerfleischen. Wer alles gegen wen agitiert, ist kaum noch überschaubar. Klar ist: Donald Trump ist mittendrin, und hier bekommst du die Übersicht.
Philipp Dahm
28.09.2023, 14:22
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Republikanische Partei ergeht sich derzeit in ausgiebigen Grabenkämpfen.
In einer TV-Debatte haben Ron DeSantis und Chris Christie Donald Trump direkt angegriffen. Auch zwischen Nikki Haley und Vivek Ramaswamy flogen die Fetzen.
Den USA droht die Zahungsunfähigkeit. Kevin McCarthy will diesen als Sprecher des Repräsentantenhauses verhindern, doch er bekommt parteiintern Druck von einer rechten Splittergruppe.
Weil der Republikaner Tommy Tuberville wegen Abtreibungsregeln im US-Militär alle Beförderungen blockiert, die der Senat absegnen muss, kann das Pentagon nicht planen und nicht führen.
Donald Trump schiesst gegen Christie und «Ron DeSanctimonious» zurück, aber auch gegen Partei-Kollege Jeb Bush, den er allerdings mit George W. Bush verwechselt.
Anfang November 2024 entscheidet das amerikanische Volk über einen neuen Präsidenten. Ein Jahr vor der Wahl präsentieren sich die Republikaner jedoch in erstaunlich schlechter Verfassung.
Donald Trump spaltet die Partei: Der Ex-Präsident wird in der dritten TV-Debatte der Republikaner, an der er durch Abwesenheit glänzt, von Teilen der Konkurrenz frontal angegriffen. Kevin McCarthy wird als Sprecher des Repräsentantenhauses von den eigenen Leuten demontiert. Und ein republikanischer Senator legt gerade das Militär der Weltmacht lahm.
Hier die Übersicht über vier Grabenkämpfe, die die Partei aktuell als reine Chaostruppe dastehen lassen.
Zweite TV-Debatte: «Donald, ich weiss, dass du zusiehst»
Auch die zweite TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten der Partei muss ohne Donald Trump auskommen. Während seine Anhängerschaft das als folgerichtig und klug einordnen mag, fragt sich nicht nur das «Wall Street Journal», wovor der Ex-Präsident Angst hat: Er drücke sich vor der Konfrontation mit der Konkurrenz, schreibt das konservative Blatt.
Chris Christie greift das in der Debatte selbst genüsslich auf. «Ich möchte jetzt direkt in die Kamera schauen und dir sagen: Donald, ich weiss, dass du zusiehst. Du kannst nicht anders», sagt der frühere Gouverneur von New Jersey unter dem Lachen des Publikums. «Du bist heute nicht wegen der Umfragen und nicht wegen der Anklagen nicht hier, sondern weil du Angst hast, hier auf der Bühne zu stehen und deine Leistungen zu verteidigen.»
Auch der 61-Jährige meint, Trump würde «sich wegducken» (to duck) – und wenn er so weitermache, werde Christie ihn nur noch «Donald Duck» nennen. Auch Ron DeSantis hat mit dem Ex-Präsidenten noch ein Hühnchen zu rupfen. Demokrat Joe Biden lasse Führungsqualität vermissen – «und wisst ihr, wer noch vermisst wird? Donald Trump wird vermisst. Er sollte heute Abend auf der Bühne sein. Das schuldet er euch, um zu erklären, warum sie 7,8 Billionen [Dollar] mehr Schulden angehäuft haben.»
Die anwesenden Kandidaten können aber auch untereinander austeilen. «Ehrlich», knallt Nikki Haley Konkurrent Vivek Ramaswamy um die Ohren, «jedes Mal, wenn ich dir zuhöre, fühle ich mich deswegen ein bisschen dümmer.» Ramaswamy hat zuvor ein Social-Media-Verbot für Unter-16-Jährige ins Spiel gebracht. TikTok hat der Unternehmer «digitales Fentanyl» genannt, nur um bald darauf dem Konzern beizutreten. «Dir kann man nicht trauen», ätzt Hale, die frühere Gouverneurin von South Carolina.
Gaetz vs. McCarthy – «Shutdown» droht
Der Staatshaushalt der USA läuft am 30. September aus. Wenn sich Senat und Repräsentantenhaus nicht auf ein neues Finanzierungsmodell einigen, kommt es zum Shutdown: Nicht nur Beamte, Militärs, Rettungskräfte und Polizei erhalten dann ab 1. Oktober kein Geld mehr. Auch wichtige Sozialleistungen fliessen nicht mehr.
(Oben: NBC News berichtet über die Folgen eines «Shutdowns».)
Der Senat hat parteiübergreifend mit 77 zu 19 Stimmen einen Kompromiss erarbeitet, der zumindest bis 17. November den Haushalt regelt. Dem muss das Repräsentantenhaus zustimmen: Vorsitzender und Sprecher ist Kevin McCarthy, dessen Republikaner eine knappe Mehrheit haben. Von Einheit ist die Fraktion aber weit entfernt, wie das unwürdige Schauspiel um McCarthys Ernennung im erst 15. Wahlgang im Januar 2023 zeigte.
Eine rechte Gruppe der Republikaner, die sich damals quergestellt hat, droht nun erneut damit, McCarthy hängenzulassen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden. «Mr. Speaker», sagt der Kopf der Gruppe ganz offen im Parlament, «Sie halten die Vereinbarung nicht mehr ein, die Ihnen erlaubt hat, diese Rolle anzunehmen.» Siehe auch Post unten.
Rep. Matt Gaetz (R-FL) calls Speaker McCarthy’s (R-CA) announcement of an impeachment inquiry a “rushed” attempt to avoid a motion to vacate the chair:
“I rise today to serve notice. Mr. Speaker, you are out of compliance with the agreement that allowed you to assume this role.” pic.twitter.com/yOdPVup4pX
Gesagt hat das Matt Gaetz, der Oberwasser hat, seit das Justizministerium im Februar Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Sex mit Minderjährigen eingestellt hat. Dass er die Zahlungsunfähigkeit des Staates riskiert, um Forderungen seiner Fraktion durchzusetzen, stösst auch bei Republikanern auf Kritik, während Hardliner noch mehr Forderungen an McCarthy gestellt wissen wollen.
Der Senator, der das Militär ausbremst
Was Tommy Tuberville gerade in Washington macht, nennt die Nachrichtenagentur AP eine «nie dagewesene Kampagne». Der republikanische Senator aus Alabama hat dem Pentagon den Krieg erklärt, weil es allen Soldatinnen die Möglichkeit zur Abtreibung gibt. Trump-Fan Tuberville will eine Abstimmung darüber erzwingen.
Und zwar, in dem der 69-Jährige alle Beförderungen des Militärs blockiert, die im Senat abgesegnet werden müssen. Ja, nur ein Senator hat die Macht dazu – auch wenn alle anderen 99 das anders sehen. Dafür steht der frühere Football-Trainer massiv in der Kritik – auch bei republikanischen Parteigrössen wie Mitch McConnell.
Die Auswirkung der Blockadehaltung erklärt Peter Zeihan, US-Experte für Geopolitik: «Wir haben in den Vereinigten Staaten gerade 300 Top-Militärs, die nicht mal ihre Sicherheitsfreigaben bekommen, was es ihnen verunmöglicht, die Informationen zu bekommen, die sie brauchen, um nächste Schritte zu planen.»
Tuberville habe dem Pentagon Fussfesseln angelegt: «Wenn du keine Bestätigung [im Senat] bekommst, bekommst du keine Freigabe, keine Informationen und kannst keinen Plan machen. [Tuberville] hat das stärkste Militär der Welt genommen und die Fähigkeit seiner Führung zerstört, zu führen.» Der Senator sei «entweder der talentierteste chinesische Agent, den es je gab» oder «die dümmste Person im Repräsentantenhaus».
Trump gegen den Rest der Welt
Donald Trump postet nach der TV-Debatte gleichmehrereBeiträge, in denen Kommentatoren ihn zum Sieger des Ganzen küren. Seinen Kritikern wendet er sich natürlich noch einmal gesondert zu: Von «Ron DeSanctimonious» zeigt er mehrere Clips, in denen der Konkurrent ihn lobt – versehen mit einem ironischen «Thank you».
Vom beleibten Chris Christie zeigt er eine Bildmontage mit einem grossen Buffet und lästert, als Gouverneur habe Chrstie nur 9 Prozent Zustimmung gehabt. «New Jersey wollte den ‹Faulpelz› rauswerfen.» Zudem postet der New Yorker das Ergebnis einer Umfrage, die ihn mit 54 Prozent Vorsprung weit vor der Partei-Konkurrenz sieht: Ron DeSantis kommt da als Zweiter auf 15 Prozent.
Manchmal schiesst der 77-Jährige sogar gegen Partei-Kollegen – und trifft den Falschen. So geschehen in South Carolina, als Trump etwas ein wenig durcheinander kommt: «Als ich herkam, dachten alle, Bush gewinnt, weil man annahm, Bush sei eine Militär-Person. Er hat uns in den Nahen Osten verwickelt. Wie ist das herausgekommen?»
a confused Trump seems to think Jeb Bush was president when the US invaded Iraq pic.twitter.com/je7U1EaPLx
Eigentlich will Trump über Jeb Bush reden: Er hat den damaligen Gouverneur von Florida 2016 im Rennen um die republikanische Kandidatur ausgestochen. Nur hat er ihn mit George W. Bush verwechselt, der den Zweiten Golfkrieg losgetreten, aber auch zwei Amtszeiten erfüllt hat.
Erst in der Vorwoche hat der Ex-Präsident auf einer Veranstaltung in Washington fantasiert, er habe auch Barack Obama an der Urne geschlagen: «Bei Obama haben wir eine Wahl gewonnen, von der jeder sagte, wir könnten sie nicht gewinnen.» In dieser Rede warnt er auch davor, dass «der Zweite Weltkrieg» ausbrechen werde, falls er nicht wieder ins Weisse Haus einzieht.