PolitikDrei Tote nach Protesten im Senegal – Internetsperren und Demoverbot
SDA
13.2.2024 - 16:30
Nach tödlichen Protesten gegen die Verschiebung der Präsidentenwahl im Senegal haben die Behörden des westafrikanischen Landes für Dienstag geplante Demonstrationen verboten und das mobile Internet abgeschaltet. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderten eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes gegen die Proteste am vergangenen Wochenende, bei dem mindestens drei Menschen getötet wurden.
Keystone-SDA
13.02.2024, 16:30
SDA
Der seit seiner Unabhängigkeit 1960 friedliche Senegal ist in einer Krise, nachdem der Präsident und das Parlament die Verschiebung der für Ende Februar geplanten Wahl beschlossen haben. Der seit 2012 amtierende Macky Sall beteuert weiterhin, nicht für eine dritte Amtszeit anzutreten. Teile der Opposition und andere Kritiker werfen ihm aber einen Verfassungscoup vor.
Human Rights Watch berichtete, dass bei dem Einsatz gegen Demonstranten am Freitag und Samstag mindestens drei Menschen getötet worden seien, unter ihnen ein 16 Jahre alter Junge. Die Zahl der Verletzten wurde auf 60 beziffert. Mindestens 271 Menschen seien festgenommen worden. Auch Journalisten seien bei der Arbeit angegriffen worden. Für den Bericht hat die Organisation Betroffene und Augenzeugen befragt und Einblick in medizinische Unterlagen erhalten. Bereits im vergangenen Jahr wandten Sicherheitskräfte einem HRW-Bericht zufolge exzessiv Gewalt gegen Demonstranten an.
Vertreter der Vereinten Nationen äusserten sich «zutiefst besorgt». «Nach Berichten über unnötige und unverhältnismässige Gewaltanwendung gegen Demonstranten und Einschränkungen des öffentlichen Raums fordern wir die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass sie die lange Tradition der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte im Senegal wahren», teilte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Genf mit.
Am Dienstag schalteten die senegalesischen Behörden das mobile Internet erneut vorübergehend ab. Als Begründung nannte das Kommunikationsministerium «hasserfüllte und subversive Nachrichten, die bereits gewaltsame Demonstrationen mit Toten und erheblichen Sachschäden provoziert haben». Ein von der Opposition angemeldeter Marsch durch Dakar wurde von den Behörden mit Verweis auf Behinderung des Verkehrs verboten.
Schon vergangene Woche hatten die Behörden für etwa 24 Stunden das mobile Internet gekappt, wie erstmals bei Protesten im Sommer 2023. Damals waren Demonstrationen nach der Verurteilung des als panafrikanistisch und elitenkritisch geltenden Oppositionsführers Ousmane Sonko in einem Verleumdungs- und einem Missbrauchsprozess eskaliert. Nach Angaben von Human Rights Watch und zivilgesellschaftlichen Organisationen sitzen Hunderte Demonstranten seitdem im Gefängnis.
Sonko selbst ist wegen weiterer Vorwürfe, darunter die Gefährdung der staatlichen Sicherheit, seit Ende Juli in Untersuchungshaft und durfte aufgrund der Verurteilung nicht zur ursprünglich für den 25. Februar geplanten Wahl antreten. Seine Partei Pastef wurde aufgelöst, ihr früherer Generalsekretär Bassirou Diomaye Faye galt aber als aussichtsreicher Kandidat. Unter den 20 zur Wahl zugelassenen Kandidaten war auch der vom Präsidenten als Nachfolger nominierte Premierminister Amadou Ba.
Das Gesetz zur Verschiebung der Wahl wurde von der liberalen Oppositionspartei PDS eingebracht, deren Kandidat Karim Wade nicht als Kandidat zugelassen worden war. Nach Tumulten im Parlament beschlossen Abgeordnete des Regierungslagers und der PDS am 5. Februar mit 105 von 165 Stimmen die Verschiebung auf den 15. Dezember. Zuvor hatte Sall bei einer Ansprache im Fernsehen mit Verweis auf die fehlende Stabilität den Wahltermin aufgehoben.
Die Verschiebung der Wahl hatte auch bei EU, USA, Afrikanischer Union und der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas Besorgnis ausgelöst. Der Senegal galt als stabile Mehrparteiendemokratie in einer Region, in der die Demokratie zunehmend von Putschen und autokratischen Präsidenten bedroht ist. Der Staat mit knapp 18 Millionen Einwohnern hat als einziger seiner Nachbarn keinen Umsturz oder Bürgerkrieg erlebt.
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