Die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam gerät wegen des umstrittenen Auslieferungsgesetzes auch in den eigenen Reihen unter Druck. (Archiv)
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Nach den Massenprotesten gegen das umstrittene Auslieferungsgesetz gerät Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam auch in den eigenen Reihen unter Druck. Der bekannte prochinesische Anwalt Michael Tien forderte Lam am Freitag auf, den Gesetzentwurf zurückzustellen.
«Sie würde Punkte sammeln statt Punkte zu verlieren», sagte Tien vor Journalisten. «Es ist nie zu spät.» In «neuen Situationen» könne jeder Regierungschef «seine Meinung ändern». «Dagegen ist nichts einzuwenden», sagte Tien.
Zuvor hatte bereits Lams Berater Bernard Chan erklärt, das Gesetz in einem beschleunigten Verfahren durchs Parlament zu bringen, sei mittlerweile «unmöglich». Da es «so viel Streit auf allen Seiten» gebe, könne nicht über den Gesetzentwurf beraten werden, sagte Chan im Radiosender RTHK. Die Regierung solle den Konflikt nicht noch weiter verschärfen. Chan forderte allerdings nicht, den Gesetzentwurf ganz zu kassieren.
Chan gehört dem Hongkonger Exekutivrat an, dem Kabinett der chinesischen Sonderverwaltungszone. Vor zwei Jahren hatte Regierungschefin Lam ihn auf einen hochrangigen Beraterposten geholt.
Umdenken möglich
Die Äusserungen von Tien und Chan deuten darauf hin, dass Hongkongs pekingtreue Regierung mittlerweile doch ein Umdenken in Erwägung zieht. Bisher hatte Lam an dem Gesetz, das Auslieferungen auch an Festland-China vorsieht, festgehalten. Um die Lage zu beruhigen, hatte die Regierung lediglich die für Mittwoch geplante Parlamentsdebatte zu dem Gesetz auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am Sonntag waren in Hongkong nach Angaben der Veranstalter mehr als eine Million Menschen gegen das Auslieferungsgesetz auf die Strafe gegangen. Am Mittwoch blockierten dann zehntausende Menschen Hauptverkehrsstrassen und das Regierungsviertel. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor.
Bei den schwersten politischen Unruhen seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China 1997 wurden mindestens 70 Menschen verletzt. Am Donnerstag und Freitag gab es weitere kleinere Protestaktionen.
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