Late Night USA «Du bist der Präsident, es ist dein Budget – wer leitet den Laden???»

Philipp Dahm

2.4.2019

Seth Meyers teilt in der jüngsten Folge seiner «Late Night»-Show tüchtig aus.
Seth Meyers teilt in der jüngsten Folge seiner «Late Night»-Show tüchtig aus.
Screenshot: YouTube

Ist Donald Trump dank des Mueller-Berichts vom Haken? Ist zu den massiven Beschuldigungen gegen den US-Präsidenten alles gesagt? Late-Night-Host Seth Meyers widerspricht nachvollziehbar nachdrücklich.

«Late Night with Seth Meyers» kommt mit dem Thema zu spät, sollte man meinen: Das Ergebnis der Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller haben die Medien im In- und Ausland längst abgefeiert. Donald Trump steckt nicht mit Moskau unter einer Decke – der Fall ist abgeschlossen. Oder? Von wegen! In Tat und Wahrheit befinden sich sämtliche Kommentatoren im Blindflug.

Denn was wirklich in dem 380 Seiten starken Dokument steht, weiss nur ein kleiner Kreis um den Justizminister William Barr, der lediglich eine vierseitige Erklärung über den Bericht veröffentlicht hat. «Als Barr [diese] herausgegeben hat, nahm jeder an, dass es eine Zusammenfassung war. Ein Wort, das Trumps Gehilfen und die Medien immer und immer wieder benutzt haben», beginnt Meyers und zeigt ab Minute 0:50 entsprechende Ausschnitte. Und ja, auch Bluewin hat von einer «Zusammenfassung» geschrieben.

Wie jetzt, keine Zusammenfassung?

«Barr hat uns gesagt, was wir wissen müssen. Wir können weitermachen, alles klar», fasst Meyers zusammen. Doch dann kommt das Dementi – von William Barr selbst! Der monierte bei «MSNBC», dass Medienberichte und Statements seine «ergänzende Mitteilung» falsch interpretieren: Sein Brief vom 24. März sei eben keine «Zusammenfassung» der Untersuchung. «[Er] war keine erschöpfende Nacherzählung – und gab auch nicht vor, das zu sein», teilte der Minister mit – notabene erst fünf Tage nach Abschicken des Briefes.

«Moment, das sollte keine Zusammenfassung sein? Das ist ein wichtiges Detail», wirft Meyers ein. «Das ist, als würde man ‹Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende› in einem Märchen lesen, umblättern und dann steht da ‹Das war nicht das Ende und sollte auch nicht so fehlinterpretiert werden: Sie haben sich am nächsten Tag scheiden lassen›.». Das bedeute nicht per se, dass Barr Muellers Tatsachen verdrehe. Aber: «Du kannst ein 300-Seiten-Dokument nicht auf vier Seiten eindampfen.»

Stark gekürzt: Man würde «The Great Gatsby» ja auch nicht auf das herunterbrechen.
Stark gekürzt: Man würde «The Great Gatsby» ja auch nicht auf das herunterbrechen.
Screenshot: YouTube

Korruption als Regel?

Auch wenn der Bericht diesen Monat veröffentlicht werden soll, machen sich einige Republikaner dafür stark, dass das ihrer Meinung nach entlastende Dokument unter Verschluss bleibt – so wie der Fraktionsvorsitzende Mitch McConnel oder der Senator Rand Paul, der zuerst eine Untersuchung gegen Barack Obama fordert. Den Grund nennt der Mann ab Minute 3:03: Weil Obama und seine Demokraten Mueller auf Trump gehetzt hätten.

Dass Senator Rand Paul eine Untersuchung gegen die Obama-Administration fordert, «irritiert» Seth Meyers.
Dass Senator Rand Paul eine Untersuchung gegen die Obama-Administration fordert, «irritiert» Seth Meyers.
Screenshot: YouTube

Meyers kontert: «Du willst eine Untersuchung gegen die Obama-Administration? Du hast acht Jahre gegen ihn ermittelt und nichts herausgefunden. Den schlimmsten Skandal, den du ausgegraben hast, war die Tatsache, dass er einmal einen beigen Sommer-Anzug getragen hat.» 2014 hatten die Republikaner wegen dieser Textil-Frage tatsächlich ein Fass aufgemacht – aus heutiger Sicht und im Vergleich mit dem aktuellen Amtsinhaber kann man da nur noch von «Peanuts» sprechen.

Selbst wenn es keine Verschwörung mit Russland gab, bleiben Fragen offen, so Meyers. «Muellers Untersuchung hat aufgezeigt, dass einige der reichsten und mächstigsten Leute des Landes Korruption zur Regel gemacht haben, die in Washington bis jetzt hingenommen wurde.» Der überzogen scheinenden Behauptung folgt ein sehr überzeugendes Beispiel.

Straussen-Jacke für 15'000 Dollar

«Nehmen Sie nur Paul Manafort. Der Typ war jahrelang inoffizieller Lobbyist, der einige der schlimmsten Leute der Welt vertreten hat. Dabei hat er den Amerikanern viele Millionen gestohlen. Geld, das er für antike Teppiche über exklusive Autos bis hin zu einer 15'000 Dollar teuren Straussen-Jacke ausgegeben hat. Es sollte nicht erst eines Sonderermittlers bedürfen, damit wir rausfinden, dass einige der Mächtigsten im Land ihren Reichtum horten, indem sie serienmässig betrügen und ihre Gelder illegal in Offshore-Steueroasen bunkern.»

Seth Meyers (rechts) nennt das Kind (Manafort, links) beim Namen.
Seth Meyers (rechts) nennt das Kind (Manafort, links) beim Namen.
Screenshot: YouTube

Schlimmer als ein Wahlkampfmanager wie Manafort sei nur noch, Lori Loughlin zur Bildungsministerin zu machen: Die Schauspielerin war in den Skandal um erkaufte College-Zulassungen verwickelt. Ein eleganter Übergang zu Betsy Devos, die als echte Bildungsministerin gerade Kürzungen in Höhe von sieben Milliarden Dollar verkündet hat.

Schauspielerin Laoughlin, Ministerin Devos und Moderator Meyers.
Schauspielerin Laoughlin, Ministerin Devos und Moderator Meyers.
Screenshot: YouTube

Ein Problem dabei: Auch 18 Millionen Dollar für die Special Olympics fallen unter den Tisch (ab Minute 5:26). «Wie übel muss man sein?», ruft Meyers aus. Das gesparte Geld könne dann auch gleich genutzt werden, um ein Waisenhaus einzuebnen – nach dem Motto: «Wir wissen alle, dass sie Schandflecken sind.» Betsy Devos verteidigte die Massnahme übrigens damit, dass nicht sie die Kürzung beschlossen hat.

Mehrfache Milliardärin spendet Peanuts

Sondern? Na klar, der Demokrat. Wie die Frau das begründet, ist ab Minute 6:09 zu sehen. «Ihr habt [das] doch vorgeschlagen», ärgert sich der Gastgeber, den auch nicht milde stimmt, dass Devos einen (kleinen) Teil ihres Gehalts gespendet hat. «Du bist eine Milliardärin! Betsy Devos hat laut Newsweek zehn Boote, zwei Helikopter und einen Yacht-Planer. Was ist ein Yacht-Planer???»

Ab Minute 8:56 sehen wir dann den Retter in der Not: «Ich habe heute Morgen davon gehört ...», sagt Donald Trump und nimmt neun Tage nach Bekanntwerden die Kürzung zurück. «Was heisst das, ich habe heute Morgen davon gehört? Du bist der Präsident, es ist dein Budget – wer leitet den Laden??? Kannst du deinen Vorgesetzten holen?»

Ab Minute 9:55, einen Tag später, gibt Trump erneut den Retter der Special Olympics. «Du hast sie nicht gerettet, du bist der die Kürzung wollte. Wo ist dein Vorgesetzter??? So lügt Trump über alles.» Als letztes Beispiel präsentiert die Show ab Minute 10:53, wie Trump sich in Michigan zu einem Umweltprogramm bekennt, das 2010 von Obama initiiert wurde und dessen Mittel der amtierende Präsident gerade um 90 Prozent gekürzt hat.

Das Schlusswort: «Donald Trump arbeitet nicht für ein anderes Land, sondern nur für sich selbst.» Amen!

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten die wohl beste Navigationshilfe: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Last but not least: Die Bilder des Tages

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