Im Jahr 2011 erreicht der arabische Frühling auch Syrien. Wie hier in der Hauptstadt Damaskus gehen tausende Menschen auf die Strasse demonstrieren. Sie fordern mehr Demokratie ...
... und den Rücktritt von Langzeitmachthaber Bashar al Assad. Doch anders als etwa in Tunesien oder Ägypten folgt kein Regimewechsel. Assad schlägt die Proteste mit gnadenloser Härte nieder – es ist der Beginn des Bürgerkriegs.
Dass Assad sich an der Macht halten kann, verdankt er auch dem Rückhalt des Militärs: Die Streitkräfte brechen nie mit dem Regime.
Das Ausmass der Gewalt ist immens. Wie hier in Ariha in der Provinz Idlib werden ganze Städte zu Schutt und Asche gebombt.
Nichts als Türmmer auch in Duma. An diesem Tag im Jahr 2018 starben in der Stadt mindestens 50 Menschen.
Die Bilder des fünfjährigen Omran Daqneesh, der nach einem Luftschlag in Aleppo aus einem getroffenen Gebäude gerettet werden kann, gehen 2016 um die Welt.
Für andere kommt jede Hilfe zu spät: In Sarmin trauert ein Mann um seine getötete Frau.
Millionen von Menschen müssen Syrien verlassen. Viele gelangen als Flüchtlinge in die Türkei oder in den Libanon.
In dem Konflikt sind vermehrt auch ausländische Kräfte verwickelt. US-Präsident Donald Trump befiehlt 2018 Luftschläge auf Damaskus. Dies sei eine Reaktion darauf, dass Assad Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt habe.
Auch nach zehn Jahren der Gewalt gehen die Friedensverhandlungen weiter: Der UNO-Sonderbeauftragte Geir O. Pedersen am UNO-Sitz in Genf im August 2020.
10 Jahre Bürgerkrieg in Syrien
Im Jahr 2011 erreicht der arabische Frühling auch Syrien. Wie hier in der Hauptstadt Damaskus gehen tausende Menschen auf die Strasse demonstrieren. Sie fordern mehr Demokratie ...
... und den Rücktritt von Langzeitmachthaber Bashar al Assad. Doch anders als etwa in Tunesien oder Ägypten folgt kein Regimewechsel. Assad schlägt die Proteste mit gnadenloser Härte nieder – es ist der Beginn des Bürgerkriegs.
Dass Assad sich an der Macht halten kann, verdankt er auch dem Rückhalt des Militärs: Die Streitkräfte brechen nie mit dem Regime.
Das Ausmass der Gewalt ist immens. Wie hier in Ariha in der Provinz Idlib werden ganze Städte zu Schutt und Asche gebombt.
Nichts als Türmmer auch in Duma. An diesem Tag im Jahr 2018 starben in der Stadt mindestens 50 Menschen.
Die Bilder des fünfjährigen Omran Daqneesh, der nach einem Luftschlag in Aleppo aus einem getroffenen Gebäude gerettet werden kann, gehen 2016 um die Welt.
Für andere kommt jede Hilfe zu spät: In Sarmin trauert ein Mann um seine getötete Frau.
Millionen von Menschen müssen Syrien verlassen. Viele gelangen als Flüchtlinge in die Türkei oder in den Libanon.
In dem Konflikt sind vermehrt auch ausländische Kräfte verwickelt. US-Präsident Donald Trump befiehlt 2018 Luftschläge auf Damaskus. Dies sei eine Reaktion darauf, dass Assad Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt habe.
Auch nach zehn Jahren der Gewalt gehen die Friedensverhandlungen weiter: Der UNO-Sonderbeauftragte Geir O. Pedersen am UNO-Sitz in Genf im August 2020.
Auch nach zehn Jahren gibt es keine Lösung für den Syrien-Krieg, sagt Nahost-Experte Erich Gysling. Um der Bevölkerung zu helfen, gebe es nur eins: Der Westen müsste sich endlich mit Herrscher Assad arrangieren.
Herr Gysling, zehn Jahre nach dem Arabischen Frühling liegt Syrien in Trümmern. Wie würden Sie die Lage im Land zusammenfassen?
Es ist eine Tragödie, die nicht enden will. Millionen von Menschen mussten ins Ausland flüchten, viele wurden auch innerhalb von Syrien vertrieben. Sie können nicht zurückkehren, weil ihre alten Häuser heute völlig zerstört sind. Machthaber Baschar al-Assad hat den Konflikt militärisch gewonnen und kontrolliert wieder den grössten Teil des Landes. Gleichzeitig ist die Situation völlig blockiert: Ein Wiederaufbau ist in absehbarer Zeit nur sehr, sehr schwer vorstellbar.
Woher kommt diese Blockade?
Alle Staaten oder Unternehmen, die sich bei einem Wiederaufbau beteiligen würden, müssen befürchten, von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt zu werden. Weil für den Wiederaufbau müsste man ja zumindest indirekt mit Assad kooperieren. Darum macht das zurzeit auch niemand.
Zur Person
Keystone
Der Publizist und Journalist Erich Gysling (u. a. SRF-«Tagesschau») ist Experte in Nahost-Politik.
Wie konnte sich Assad eigentlich bis heute an der Macht halten?
Ein wesentlicher Faktor ist, dass sich das Militär nie gegen ihn gestellt hat. Es gab zwar Deserteure, aber deren Zahl fiel nicht ins Gewicht. Das ist auch der grosse Unterschied etwa zu Ägypten, wo sich das Militär 2011 von Hosni Mubarak abgewandt und damit dessen Sturz eingeleitet hatte. Auch in Tunesien kam das Ende von Zine el-Abidine Ben Ali so zustande. In Syrien dagegen hielt das Militär immer zum Regime.
Und was sind die weiteren Faktoren?
Der Syrien-Krieg hat sich rasch zu einem regionalen Konflikt entwickelt, in dem sich Mächte aus dem Ausland auf die eine oder andere Seite geschlagen haben. Der Iran unterstützt das Assad-Regime, Saudi-Arabien, Katar und die Emirate unterstützen verschiedene Gruppierungen der Opposition. Die Türkei ist selber einmarschiert, um gegen die Kurden in Syrien vorzugehen. Die Russen kämpfen an der Seite Assads, die USA und Europa aufseiten der Rebellen – wobei sich die Europäer nie auf eine eigentliche Strategie festlegen konnten, und vielleicht sogar auf die falsche Karte gesetzt haben.
Wie meinen Sie das?
Der Westen ging jahrelang davon aus – und tut das offiziell immer noch – dass es eine demokratisch gesinnte Opposition gibt. In Wahrheit wurde die Opposition schon sehr früh im Bürgerkrieg von extremen islamistischen Gruppierungen dominiert. Wir reden hier von Gruppen, die Al Kaida oder dem «Islamischen Staat» nahestehen. Schätzungen gehen von bis zu 600 Milizen mit einer solchen Ideologie aus. Der Westen hätte sich daher schon früh eingestehen sollen, dass die demokratisch gesinnten Kräfte nur einen winzigen Teil der Opposition ausmachen. Trotzdem holte man genau diese Gruppen an den Verhandlungstisch, und damit Akteure, die innerhalb Syriens völlig machtlos sind.
Wird sich Europa mit Assad arrangieren müssen?
Auch wenn es unangenehm ist: Man kommt um Assad nicht mehr herum, wenn man der syrischen Bevölkerung helfen und einen Wiederaufbau in Gang setzen will. Mit einem Wiederaufbau könnte man auch den Millionen von Vertriebenen eine Rückkehr nach Syrien ermöglichen. Das ist heute ja unmöglich, ihre Häuser sind zerbombt, viele Regionen des Landes sind nicht zugänglich, die Lebensmittelversorgung ist katastrophal. Auch Hilfswerke gelangen kaum in das Land rein.
Aber Assad ist für Gräueltaten verantwortlich wie Giftgas-Einsätze, Fassbomben oder Folter in den Gefängnissen – kann man mit solch einem Herrscher verhandeln?
Das ist natürlich mehr als unangenehm, aber man muss sich fragen: Was ist denn die Alternative? Hinzu kommt, dass nicht nur Assad Gräueltaten begangen hat. Auch islamistische Rebellengruppen haben Menschen hingerichtet, nur weil sie ihnen nicht passten. Man darf davon ausgehen, dass auch ein Teil der Giftgas-Einsätze auf Rebellen zurückgeht – das macht das Ganze nochmals viel komplizierter.
Ist die Widerstandsbewegung eigentlich endgültig besiegt?
Davon muss man ausgehen, mit Ausnahme der Kurden im Norden des Landes. Und im Untergrund gibt es weiterhin den «Islamischen Staat», ebenso sind in Idlib verschiedene radikale Milizen aktiv, die man nicht als Hoffnungsträger für Syrien sehen darf.
In der Schweiz hat das Interesse an dem Krieg in Syrien merklich abgenommen. Sind wir allesamt abgestumpft?
Das war auch in anderen Konflikten so: Wenn die Weltöffentlichkeit sieht, dass es keine Lösung gibt und sich alles hinzieht, dann schwindet das Interesse schnell einmal. Man nimmt den Konflikt als nicht lösbar hin. Es ist für Journalisten aber auch schwierig, aus Syrien zu berichten. Eine solche Abstumpfung gibt es ja auch bei Afghanistan zu beobachten: Der Krieg tobt schon seit 2001, doch wer redet noch darüber?
Hinzu kommt im Falle von Syrien die grosse Komplexität des Konflikts.
Genau, ein Schwarz-Weiss-Schema funktioniert in Bezug auf Syrien einfach nicht. Ich mache mal einen Vergleich: Den Syrienkonflikt kann man sich als ein dreistöckiges Haus vorstellen. Im Parterre herrscht ein Bürgerkrieg. Im ersten Stock bekämpfen sich Regionalmächte. Und im obersten Stock steht der Konflikt zwischen den USA und Russland. So kann man sich die schwierige Gemengelage vorstellen.
Die UNO startet nun eine weitere Runde von Friedensverhandlungen. Was müsste sich ändern, damit diese endlich vom Fleck kommen?
Auf dem politischen Parkett sehe ich leider keinen Hoffnungsschimmer. Es gab immer wieder solche Versuche, in denen auch Türken oder Russen mit am Tisch sassen. Doch die haben ja komplett unterschiedliche Interessen.
Wer hätte denn überhaupt die Möglichkeit, ein Ende des Konflikts herbeizuführen?
Das wäre in der Theorie ganz einfach: Wenn alle ausländischen Kräfte damit aufhören würden, Waffen und Geld nach Syrien zu liefern, dann würde der Konflikt aufhören – innerhalb weniger Monate. Aber das wird nicht passieren.
Das heisst: Es gibt keinen Grund für Optimismus.
Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Situation für relativ lange Zeit so bleiben wird, wie sie aktuell ist. Leider.