Attentat mit 6 Toten in Istanbul Polizei nimmt «verdächtige Person» fest

dpa

14.11.2022 - 04:54

Türkische Regierung sieht PKK hinter Anschlag in Istanbul

Türkische Regierung sieht PKK hinter Anschlag in Istanbul

Der türkische Innenminister Suleyman Soylu hat die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) für den Anschlag in einer Istanbuler Einkaufsstrasse mit mindestens sechs Toten verantwortlich gemacht. Die Person, die die Bombe deponiert haben soll, wu

14.11.2022

Mitten im touristischen Zentrum Istanbuls explodiert eine Bombe und tötet mehrere Menschen. In der Nacht wird eine «verdächtige Person» festgenommen. Die Türkei beschuldigt die kurdische Arbeiterpartei PKK. 

Nach dem Bombenanschlag in der türkischen Metropole Istanbul mit sechs Todesopfern und über 80 Verletzten haben die Behörden nach eigener Darstellung die Person festgenommen, die die Bombe auf der Einkaufsstrasse Istiklal hinterlegt haben soll. Das teilte Innenminister Süleyman Soylu am frühen Montagmorgen nach Angaben des staatlichen Senders TRT mit. Es gebe Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Soylu kündigte laut TRT Vergeltung an.

Die türkische Regierung hatte zuvor von einer verdächtigen Frau gesprochen. Auf Videos sei zu sehen, dass die Frau etwa 40 Minuten lang auf einer Bank auf der Einkaufsstrasse gesessen habe und kurz vor der Detonation aufstand, so Justizminister Bekir Bozdag.

Bei dem Anschlag am Sonntagnachmittag starben nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen, weitere 81 wurden verletzt. Vizepräsident Fuat Oktay sprach am Abend von einem «Terroranschlag». Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem «hinterhältigen Anschlag» auf die Metropole, in der rund 16 Millionen Menschen leben.

Ermittlungen am Tatort am 13. November 2022. 
Ermittlungen am Tatort am 13. November 2022. 
Bild: Keystone/EPA/Erdem Sahin

Touristischer Hotspot

Unter anderem Bundespräsident Ignazio Cassis und die deutsche Aussenministern Annalena Baerbock drückten über Twitter ihr Mitgefühl aus.

«Furchtbare Bilder kommen aus Istanbul», erklärte die Grünen-Politikerin Baerbock. «Meine Gedanken sind bei den Menschen, die einfach nur an einem Sonntag auf der Einkaufsstrasse Istiklal flanieren wollten und nun Opfer einer schweren Explosion wurden.»

Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, verurteilte die «Gewalttat». «Wir stehen im Kampf gegen Terrorismus Seite an Seite mit unserem NATO-Verbündeten Türkei», erklärte sie weiter für das Weisse Haus.

Die Einkaufsstrasse Istiklal ist ein touristischer Hotspot im Zentrum des europäischen Teils der türkischen Metropole, auf der auch am Sonntag häufig grosses Gedränge herrscht. Ob Deutsche oder Angehörige anderer Nationen unter den Opfern waren, war zunächst unklar.

In türkischen Medien wurde die Berichterstattung zu dem Anschlag grösstenteils eingestellt. Die Rundfunkbehörde Rtük verhängte eine vorläufige Nachrichtensperre für Medien. Berichte über die Explosion sollten vermieden werden, um nicht für Angst und Panik in der Bevölkerung zu sorgen, hiess es in dem Schreiben am Nachmittag. Die Behörde für Informationstechnologie und Kommunikation (BTK) reduzierte am Abend Berichten zufolge zudem die Bandbreite für Social-Media-Plattformen. Für Nutzer bedeutete das, dass Seiten deutlich langsamer oder nur noch via VPN erreichbar waren.

Nicht der erste Anschlag auf der Istiklal

In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen – auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet, 39 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat.

Auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verübt immer wieder Anschläge in der Türkei. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Ankara geht regelmässig gegen die PKK vor und unterhält seit 2016 auch Militärposten im Nordirak.

Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.