EU-SondergipfelFinanzstreit geht in den vierten Tag
SDA
20.7.2020 - 01:59
Die Stimmung ist zeitweise vergiftet, die Staats- und Regierungschefs reagieren gereizt: Doch am Morgen des vierten Tages scheinen die EU-Staaten einem Kompromiss zum Corona-Krisenprogramm näher gekommen.
Nach deutlichen Fortschritten auf dem Weg zu einem Corona-Krisen-Paket wird der Brüsseler EU-Sondergipfel zum Coronavirus-Hilfspaket nochmals verlängert. EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte nach Angaben von Diplomaten am Montagmorgen einen neuen Verhandlungsvorschlag an. Dieser werde darauf basieren, den Anteil der Zuschüsse im Corona-Rettungsprogramm auf 390 Milliarden Euro zu senken. Ursprünglich sollten es einmal 500 Milliarden sein. Der Kompromiss sei aber noch nicht völlig unter Dach und Fach, hiess es.
Die Gespräche wurden am frühen Montagmorgen unterbrochen und sollen am Nachmittag um 14.00 Uhr wieder aufgenommen werden, wie der Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter mit. Damit läuft das am Freitag gestartete Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs bereits zwei Tage länger als geplant.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs hatten die ganze Nacht zum Montag einen Kompromiss im Streit über das milliardenschwere Krisenpaket gesucht. Hauptstreitpunkt war dabei genau die Frage, wie viele Zuschüsse aus dem geplanten Corona-Krisenplan an EU-Staaten vergeben werden könnten.
Ursprünglich lautete der Vorschlag für das Konjunktur- und Investitionsprogramm: ein Gesamtumfang von 750 Milliarden Euro, davon 500 Milliarden an Zuschüssen, die die Empfänger nicht zurückzahlen müssen. Die Staatengruppe der sogenannten Sparsamen Vier - Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande - und Finnland wollten aber ursprünglich gar keine Zuschüsse, sondern nur Kredite. Im Lauf des Sonntags näherten sich die Positionen schrittweise an - ohne jedoch zur Lösung zu führen.
Statt im Kompromiss endete ein Abendessen der Staats- und Regierungschefs am Sonntag in bitteren Vorwürfen. Aus der Delegation eines grossen EU-Staates hiess es um kurz nach Mitternacht, die Gespräche seien noch immer sehr schwierig, weil die «Sparsamen» weiter blockierten. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz höre nicht zu und kümmere sich lieber um Medienarbeit. Zudem instrumentalisiere Kurz zusammen mit den Niederlanden das Thema Rechtsstaatlichkeit, um zu blockieren.
Statt im Kompromiss endete ein Abendessen der Staats- und Regierungschefs am Sonntag in bitteren Vorwürfen. Aus der Delegation eines grossen EU-Staates hiess es um kurz nach Mitternacht, die Gespräche seien noch immer sehr schwierig, weil die «Sparsamen» weiter blockierten. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz höre nicht zu und kümmere sich lieber um Medienarbeit. Zudem instrumentalisiere Kurz zusammen mit den Niederlanden das Thema Rechtsstaatlichkeit, um zu blockieren.
Der französische Präsident Emmanuel Macron habe mit Unterstützung von Merkel schliesslich kräftig auf den Tisch gehauen, hiess es. Es gebe nun weiter bilaterale Gespräche. Eine ursprünglich auf 45 Minuten angesetzte Pause des Plenums aller Staaten dehnte sich Stunde um Stunde bis in den frühen Morgen.
Nach Angaben weiterer Diplomaten war unter den «Sparsamen» Gesprächsbereitschaft bei der Frage des Umfangs an Zuschüssen zu erkennen. Es zeichne sich ein Kompromiss ab, der bei 375 Milliarden Euro an Zuschüssen liege, sagte ein Diplomat. Schließlich wurde die Zahl von 390 Milliarden Euro genannt, auf die Michel seinen neuen, umfassenden Kompromissvorschlag nun gründen will. Auch in anderen Punkten seien starke Annäherungen erreicht worden, hiess es weiter. Merkel und Macron wollten nach Angaben von Diplomaten aber nicht unter eine Summe von 400 Milliarden Euro gehen. 22 der 27 Staaten seien bereit, diese Summe mitzutragen.
Michel erinnerte an die beispiellose Krise, mit der die EU wegen der Corona-Pandemie konfrontiert sei, aber auch das zu erwartende negative Medien-Echo im Fall eines Scheiterns des Gipfels. Zum Schluss seines Beitrags sagte Michel laut Redetext: «Mein Wunsch ist es, dass wir eine Einigung erzielen, und dass die FT («Financial Times») und andere Zeitungen morgen titeln, dass die EU erfolgreich eine «Mission Impossible» gemeistert hat.»
Das Milliardenprogramm gegen die tiefe Rezession als Folge der Pandemie wird bei dem Gipfel im Paket mit dem nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen für die Jahre bis 2027 verhandelt. Insgesamt geht es um rund 1,8 Billionen Euro. Auch beim Haushalt waren noch etliche Fragen offen, darunter auch der genaue Umfang. Dass beides verquickt ist, macht die Verhandlungen enorm komplex.
Der EU-Sondergipfel zu einem Finanzpaket aus einem Coronavirus-Aufbauplan und dem siebenjährigen Finanzrahmen hatte am Freitagvormittag begonnen und sollte ursprünglich am Samstag enden. Weil bis dahin keine Einigung erzielt worden war, hatte Michel spontan einen Tag – den Sonntag – drangehängt.