RechtsstaatlichkeitEU-Staaten frieren Gelder für Ungarn ein
dpa
13.12.2022 - 04:56
Brüssel empfiehlt Einfrieren von EU-Milliarden für Ungarn
Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten das Einfrieren von mehr als 13 Milliarden Euro an EU-Mitteln für Ungarn empfohlen: Die von Budapest angekündigten Reformen zur Verbesserung der Unabhängigkeit der Justiz und zur Bekämpfung von Korruption r
30.11.2022
Reicht die Mehrheit oder reicht sie nicht? Bis zuletzt war unklar, ob neben Deutschland noch genügend andere Länder in einem beispiellosen Verfahren für das Einfrieren von EU-Geldern für Ungarn stimmen. Jetzt gibt es Klarheit.
DPA
13.12.2022, 04:56
13.12.2022, 06:34
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Eine grosse Mehrheit der EU-Staaten hat sich darauf verständigt, für Ungarn vorgesehene Milliardenzahlungen aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt einzufrieren. Wegen der Sorge, dass EU-Gelder in dem Land wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut werden, sollen bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro blockiert werden. Über die in der EU-Geschichte beispiellose Einigung informierte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel.
Die Summe von 6,3 Milliarden Euro liegt um rund 1,2 Milliarden Euro niedriger als von der EU-Kommission vorgeschlagen und von Ländern wie Deutschland gewünscht. Die Einigung gilt aber dennoch als grosser Erfolg, da Ungarn nun unter Druck steht, weitere Reformen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit vorzunehmen. Reduziert wurde die Summe, weil mehrere EU-Staaten anerkennen wollten, dass die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban in den vergangenen Wochen bereits Anstrengungen in diese Richtung unternommen hat.
Notwendig zur endgültigen Annahme der bislang beispiellosen Massnahme gegen einen EU-Staat ist eine qualifizierte Mehrheit – das heisst, mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssen zustimmen und zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Diese Voraussetzung ist nach der Einigung im Ausschuss der ständigen Vertreter erreicht und soll nun in einem schriftlichen Verfahren bis zum EU-Gipfel am Donnerstag formalisiert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass sich sie Staats- und Regierungschefs um andere Themen wie die Energiekrise kümmern können.
Die Bundesregierung hatte bereits in den vergangenen Tagen ihre Zustimmung zum harten Vorgehen gegen Ungarn signalisiert und sich für das Einfrieren von rund 7,5 Milliarden Euro ausgesprochen. «Hier geht es um unsere Werte, um unsere Rechtsstaatlichkeit als Europäische Union im Ganzen», sagte Aussenministerin Annalena Baerbock am Rande eines Treffens mit Kolleginnen und Kollegen der anderen EU-Mitgliedstaaten in Brüssel. Als Bundesrepublik unterstütze man «die sehr guten Vorschläge der EU-Kommission».
Bei der Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten wurde zudem der Vorschlag der Kommission gebilligt, den ungarischen Plan zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen formell zu bestätigen. Er sieht allerdings auch vor, dass die Auszahlungen in Höhe von bis zu 5,8 Milliarden Euro erst dann erfolgen sollen, wenn insgesamt 27 Voraussetzungen erfüllt sind. Diese betreffen zum Beispiel die Wirksamkeit der neu eingerichteten «Integritätsbehörde» zur Überprüfung mutmasslicher Korruptionsfälle und das Verfahren für die gerichtliche Überprüfung staatsanwaltlicher Entscheidungen.
Mit Spannung werden die weiteren Entwicklungen vor allem deswegen erwartet, weil Ungarn erhebliche Mittel in der Hand hält, um Druck auf die EU auszuüben. So könnte die Regierung in Budapest Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Dagegen spricht, das Ungarn nach Angaben von Diplomaten am Montagabend sogar Zugeständnisse machte und seine Blockade gegen neue Ukraine-Hilfen sowie ein EU-Gesetz zur internationalen Mindeststeuer aufgab. Als Grund gilt die Drohung von EU-Staaten wie Deutschland, eine Genehmigung des ungarischen Plans zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen zu blockieren. Dies hätte zur Folge gehabt, dass am Jahresende 70 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel von 5,8 Milliarden Euro verfallen.