Schwierige Regierungsbildung erwartet Europa blickt gebannt auf Parlamentswahl in Italien

von Dario Thuburn, AFP

3.3.2018

Nach einem hart geführten Wahlkampf blickt Europa mit Spannung auf die Parlamentswahl in Italien.

Bei ihren Abschlusskundgebungen am Freitagabend versuchten die Parteien ein letztes Mal, die Wähler zu überzeugen. Am Samstag waren Wahlkundgebungen in Italien gesetzlich untersagt. Allgemein wird eine schwierige Regierungsbildung erwartet - auch wegen eines neuen Wahlgesetzes in Italien.

Zum Abschluss des Wahlkampfs zeigten sich die Parteien der politischen Rechten siegesgewiss. Der Chef der fremdenfeindlichen Lega-Partei, Matteo Salvini, sagte vor Anhängern in Mailand: "Von Montag an wird die Lega dieses Land regieren!" Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi, Vorsitzender der rechten Forza Italia (FI), kündigte in einem Fernsehinterview eine "komplette Neuorganisation des italienischen Staates" nach einem Wahlsieg an.

Nach den letzten Meinungsumfragen vor einer 15-tägigen Umfragesperre kommt Berlusconis Bündnis aus FI, Lega, der rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia (FDI) von Giorgia Meloni und Raffaele Frittos Wir mit Italien (NCI) auf 37 Prozent. An zweiter Stelle liegt die populistische Fünf-Sterne-Bewegung Luigi Di Maios mit 28 Prozent, gefolgt von dem von der regierenden Demokratischen Partei (PD) geführten Mitte-links-Bündnis mit 27 Prozent.

Die Wahllokale schliessen am Sonntag um 23.00 Uhr. Ein Ergebnis wird nicht vor Montag erwartet. Ob sich dann bereits ein klares Regierungsbündnis abzeichnet, ist allerdings fraglich. Wegen des neuen komplizierten Wahlrechts müssen Parteien oder Bündnisse - je nach Expertenmeinung - auf 40 bis 45 Prozent der Stimmen kommen, um regieren zu können.

"Die linke Mitte ist ausser Gefecht gesetzt", sagte der Spitzenkandidat der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Di Maio, am Freitagabend bei der Abschlusskundgebung seiner Partei in Rom. Seine Partei wolle nun erstmals Regierungsverantwortung übernehmen; allerdings schloss sie ein Zusammengehen mit anderen Parteien aus.

Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Matteo Renzi bat auf der Kundgebung seiner Partei in Florenz insbesondere die Wähler der Mitte und der Linken um ihre Stimmen, um eine Rechtsaussen-Regierung zu verhindern. "Nur die Stimmen für die PD garantieren, dass dieses Land nicht in die Hände von Matteo Salvini fällt", sagte Renzi.

Der Wahlkampf in Italien wurde von den Themen Migration, Sicherheit und Wirtschaft dominiert. Die hart geführten Auseinandersetzungen wurden von Zusammenstössen zwischen Rechtsextremen und Antifaschisten begleitet.

Im italienischen Wahlkampf herrsche "purer Populismus", sagte der ehemalige Berater von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, in einem Interview mit der "New York Times". Das italienische Volk sei in kürzerer Zeit "weiter gegangen" als die Briten beim Brexit oder die US-Bürger bei der Wahl von Trump, sagte der ultrarechte Publizist, der derzeit Europa bereist.

Sollte keine der Parteien am Sonntag die absolute Mehrheit erreichen, schliessen Experten eine grosse Koalition aus FI und PD nicht aus. Die EU, beunruhigt wegen einer möglichen politischen Lähmung seiner drittgrössten Volkswirtschaft, setzt auf ein solches Bündnis der proeuropäischen Parteien - in Italien nach den Parteiführern bereits "Renzusconi" getauft.

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