Pentagon-Leck 21-jähriger Nationalgardist soll gesuchter Maulwurf sein

SDA/sob

14.4.2023 - 05:15

Pentagon-Leck: FBI nimmt 21-jährigen Militärangehörigen fest

Pentagon-Leck: FBI nimmt 21-jährigen Militärangehörigen fest

Das Phantom hinter der Affäre um das massive Geheimdienst-Datenleck in den USA hat ein Gesicht. Nach langem Rätseln überschlagen sich die Ereignisse plötzlich.

14.04.2023

Im Zug der Ermittlungen zur Ursache des Datenlecks hat die Bundespolizei einen jungen Mann festgenommen. US-Justizminister Garland erklärte in Washington, dass es sich um einen Mitarbeiter der Nationalgarde handle.

Keystone-SDA, SDA/sob

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  • Im Zusammenhang mit den Geheimdienst-Leaks hat das FBI einen 21-jährigen Militärangehörigen festgenommen. 
  • Beim Mann, dessen Name mit Jack T. angegeben wurde, soll es sich laut einem Medienbericht um einen frustrierten Waffennarr handeln.
  • Über die Motivation des Mannes ist noch nichts bekannt.

Der Bundespolizei FBI hat offenbar den Verantwortlichen für die illegal veröffentlichten geheimen Daten gefunden und verhaftet. Der Mann sei in Verbindung mit der «unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen» in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland am Donnerstag in Washington. Er sei Angehöriger der Nationalgarde und heisse Jack T.

Jack T. wurde am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in North Dighton im US-Bundesstaat Massachusetts festgenommen. Der TV-Sender CNN zeigte Videoaufnahmen der Festnahme. Dort war zu sehen, wie Einsatzkräfte einen jungen Mann in T-Shirt und kurzer Hose abführten. US-Medien hatten zuvor erste Details über den mutmasslichen Maulwurf in Umlauf gebracht.

Der Mann soll eine Chat-Gruppe auf der bei Videospielern beliebten Plattform Discord geleitet haben. Er habe die brisanten Unterlagen zunächst als Abschriften mit der Gruppe geteilt und dort später Fotos von ausgedruckten Dokumenten hochgeladen. Medien zufolge ist er 21 Jahre alt. Garland nannte kein Alter.

Geheimdokumente kursierten schon seit Wochen

Schon seit Wochen kursieren im Internet geheime Dokumente von US-Stellen – angeblich vom Nachrichtendienst CIA und vom Pentagon – zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Kriegsgeschehen. Aber auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner.

Unklar ist, was davon authentisch ist und was möglicherweise bearbeitet worden sein könnte. Für die US-Regierung ist die Sache allerdings so oder so grösstmöglich unangenehm. Es stellen sich Fragen dazu, wie verlässlich die Amerikaner sind, wie gut sie ihre Geheimnisse und die ihrer Partner schützen und wie loyal sie Verbündeten gegenüber sind.

Merrick Garland, Justizminister der USA, spricht auf einer Pressekonferenz im Justizministerium. Foto: Evan Vucci/AP/dpa
Merrick Garland, Justizminister der USA, spricht auf einer Pressekonferenz im Justizministerium. Foto: Evan Vucci/AP/dpa
KEYSTONE

US-Medien berichteten kurz vor Ostern erstmals über das Leck, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erfuhr nach eigenen Angaben erst zu dem Zeitpunkt, etwa vor einer Woche von dem Datenleck – obwohl das Material da schon wochenlang im Netz umherging. Danach rotierte die Regierung, um Partner zu besänftigen und vor allem, um die undichte Stelle zu finden. Das Justizministerium leitete Ermittlungen ein. Und die führten nun zu der Festnahme.

«Waffennarr» wollte «vor Freunden prahlen»

Die «Washington Post» legte kurz zuvor bereits umfangreiche Details über den mutmasslichen Maulwurf offen, den manche «OG» nannten. In dessen Chat-Gruppe hätten sich rund zwei Dutzend junge Leute mit Vorliebe für Waffen und Militärausrüstung zusammengeschlossen. Die Runde habe sich 2020 während der Corona-Pandemie gegründet. «OG» wurde dort beschrieben als charismatischer Waffennarr mit düsteren Ansichten über die US-Regierung, die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden.

Andere in der Gruppe hätten ihn bewundert. «Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet. Er ist trainiert. So ziemlich alles, was man von einem verrückten Film erwarten kann», sagte eines der Mitglieder. «OG» habe der Gruppe erzählt, dass er auf einem Militärstützpunkt, wo er arbeitete, an die Dokumente gelangt sei.

Dort habe er laut eigener Darstellung Teile des Tages in einer abgesicherten Einrichtung verbracht, in der Mobiltelefone und andere elektronische Geräte verboten gewesen seien, mit denen Fotos oder Videos gemacht werden können.

Daher habe er die Dokumente zunächst abgeschrieben. Über den gesamten Winter habe er so in der Gruppe seine Posts abgesetzt. Ihm sei es wohl darum gegangen, «vor seinen Freunden zu prahlen», aber auch darum, sie zu informieren, sagte ein Mitglied der Gruppe.

Als sich das Abschreiben als zu mühsam erwies, begann er laut der Zeitung, Bilder zuvor ausgedruckter Papiere zu posten – und ging dabei offensichtlich auch ein grosses Risiko ein, ertappt zu werden, weil solche Bilder Fahndern Hinweise gaben. Die «New York Times» schrieb, Details der Inneneinrichtung aus dem Elternhaus des 21-Jährigen, die auf Familienfotos in sozialen Medien veröffentlicht worden seien, stimmten mit Details am Rand einiger Fotos der veröffentlichten Geheimdokumente überein.

Frust und ein gewisses «Mass an Narzissmus»

Nach Angaben der «Washington Post» war der junge Mann zwischenzeitlich frustriert gewesen, dass die anderen Mitglieder der Gruppe seinen Enthüllungen nicht genug Aufmerksamkeit schenkten.

Ex-Geheimdienstkoordinator James Clapper sagte dem Sender CNN, für ihn klinge es so, als habe dieser «OG» ein gewisses «Mass an Narzissmus» gemeinsam mit anderen Whisteblowern vor ihm. «Es gibt ein Ego-Element, sich selbst wichtig zu fühlen, dadurch dass man Zugang zu solchem Material hat und es offenlegt.»

Der Verdächtige wird am 13. April 2023 in Dighton festgenommen.
Der Verdächtige wird am 13. April 2023 in Dighton festgenommen.
Bild: Keystone

Mitte März habe «OG» aufgehört, Dokumente mit der Chat-Gruppe zu teilen, schrieb die «Washington Post» weiter. Grund war demnach, dass jemand aus dem Kreis – dem auch Nutzer aus Russland und der Ukraine angehört haben sollen – Ende Februar Unterlagen in einer anderen Gruppe gepostet und somit die abgesprochene Geheimhaltung gebrochen hatte.

Anfang April, kurz bevor die «New York Times» über das Leck berichtete, habe «OG» verzweifelt gewirkt. «Er sagte, es sei etwas passiert und er bete zu Gott, dass dieses Ereignis nicht eintrete», zitierte die Zeitung ein minderjähriges Mitglied der Gruppe.

Über die Motivation von «OG» gibt es laut dem Blatt kein klares Bild. Feindselig gegenüber der US-Regierung sei er trotz seiner düsteren Ansichten nicht gewesen, hiess es. Er sei nach Überzeugung der Chat-Nutzer auch kein russischer oder ukrainischer Agent gewesen.

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