PolitikFrankreich wählt neues Staatsoberhaupt – Wer geht in die Stichwahl?
SDA
10.4.2022 - 18:31
Frankreich bestimmt am Sonntag in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl die Kandidaten für eine richtungsweisende Stichwahl in zwei Wochen. Amtsinhaber Emmanuel Macron tritt für eine zweite Amtszeit an. Stärkste Herausforderin des liberalen Pro-Europäers ist die rechte Nationalistin Marine Le Pen. In Umfragen verkürzte sie zuletzt den Abstand zum führenden Macron. Nach Schliessen der letzten Wahllokale um 20.00 Uhr wurden erste Hochrechnungen erwartet. Es galt als wahrscheinlich, dass Macron und Le Pen in die Stichwahl am 24. April gehen.
10.04.2022, 18:31
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Auch in Brüssel und Berlin blickt man mit Spannung und Sorge auf den Ausgang der Wahl. Ein Sieg der Populistin Le Pen wäre für viele Politiker ein Schock. Frankreich ist politisch und wirtschaftlich einer der wichtigsten Partner Deutschlands. Die Achse Paris-Berlin, derzeit als Tandem zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Macron, ist eine treibende Kraft in der Europäischen Union. In Brüssel versuchte der 44-Jährige Macron zuletzt verstärkt, sich als Reformer der EU zu inszenieren. In der Ukraine-Krise profilierte er sich als einer der führenden Vermittler.
Die Euroskeptikerin Le Pen droht mit einer grundsätzlichen Neuausrichtung des französischen Kurses, in der Europa nur noch eine nachgeordnete Rolle spielen würde und Deutschland nicht mehr der Partner der Wahl wäre. Stattdessen würde ein Frankreich unter Le Pen sich Ländern wie Ungarn oder Polen stärker zuwenden. Konfrontationen mit Brüssel wären programmiert, sollte Le Pen einige ihrer Wahlversprechen umsetzen. Frankreich könnte mit Le Pen vom Antreiber zum Bremser von EU-Initiativen werden.
Bei einem Sieg von Le Pen könnte die bislang geschlossene Front der USA und Europas gegen Russlands Krieg in der Ukraine in Gefahr geraten. Auch in der US-Regierung wird dies mit grosser Sorge gesehen. Wahlwerbung zeigte die 53-Jährige bis Ausbruch des Krieges noch bei einem Treffen 2017 mit Kremlchef Wladimir Putin. Nach einem Ende des Krieges könne Russland in absehbarer Zeit wieder ein Partner Europas werden, formulierte die Putinfreundin Le Pen bereits.
Für die Endrunde hatte sich auch der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon Chancen ausgerechnet. Er lag in Umfragen zuletzt mit einigem Abstand hinter Macron und Le Pen. Mit sozialpolitischen Forderungen gewann er angesichts der spürbaren wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs für die französische Bevölkerung an Wählergunst. Der Wahlkampf fokussierte seit Wochen vor allem auf die Kaufkraft der Franzosen und Konzepte gegen steigende Preise.
Bis 17.00 Uhr hatte am Sonntagnachmittag 65 Prozent der eingeschriebenen 48,7 Millionen Wählerinnen und Wähler abgestimmt. Die Wahlbeteiligung, die Institute im Vorfeld als eher gering erwartet hatten, lag damit tatsächlich merklich unter dem Vergleichswert von 69,42 Prozent am Nachmittag des Wahlsonntags von 2017 – allerdings auch deutlich über dem 17-Uhr-Wert von 58,45 Prozent bei der Präsidentschaftswahl mit der bisher schlechtesten Beteiligung im ersten Durchgang 2002.
Mit ungewöhnlichen Einzelaktionen wurde versucht, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. So versprach der Chef einer Immobilienagentur im Burgund seinen Beschäftigten eine Prämie von 100 Euro, wenn sie zur Wahl gehen. Der Wintersportort Gets bot Wählerinnen und Wählern den Ski-Pass am Sonntag für einen Euro statt für 37,50 Euro an. Seinem Lieblingssport am Sonntag nachzugehen, müsse der Bürgerpflicht des Wählens nicht im Wege stehen, hiess es.
Wegen der Zeitverschiebung wurde in einigen französischen Überseegebieten, etwa in der Karibik, bereits am Samstag abgestimmt. Macron, Le Pen und die anderen zehn Kandidatinnen und Kandidaten gaben bis Sonntagmittag ihre Stimme ab. Auf der Insel Korsika hingen korsische Aktivisten in Bastia ein anti-französisches Banner vor dem zentralen Wahlbüro auf. Wie der Regionalsender France 3 Corse berichtete, war auf dem Protestband «Französischer Staat Mörder» zu lesen. Daneben war ein Foto des vor kurzem in der Haft von einem anderen Insassen getöteten korsischen Nationalisten Yvan Colonna abgebildet. Der Vorwurf ist, Frankreich habe ihn nicht ausreichend geschützt.
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