In Frankreich geht die zweite Runde der Parlamentswahl auf die Zielgerade. Die letzten Wahllokale meist in grossen Städten hatten am Sonntag noch bis 20.00 Uhr geöffnet. Dann wurden die Hochrechnungen zum Wahlausgang erwartet. Rund 48,9 Millionen eingeschriebene Wähler konnten ihre Stimme abgeben. Kurz nach der Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit am 24. April bestimmen die Französinnen und Franzosen die 577 Mitglieder der Nationalversammlung.
Keystone-SDA
19.06.2022, 17:19
SDA
Für den Mitte-Politiker Macron geht es darum, sich auch in seiner zweiten Amtszeit eine Parlamentsmehrheit zu sichern. Nach der ersten Wahlrunde am vergangenen Wochenende schien noch nicht ausgemacht, dass das Präsidenten-Lager seine absolute Mehrheit im Parlament wird halten können. Während der Liberale Macron bei seiner Wiederwahl zum Präsidenten vor einigen Wochen noch die Konkurrenz der erstarkten Rechtsnationalen Marine Le Pen zu spüren bekam, kommt sie diesmal von Links.
Das neue Bündnis aus Linkspartei, Sozialisten, Grünen und Kommunisten, angeführt von Macrons Gegenspieler Jean-Luc Mélenchon, kann auf deutlich mehr Sitze im Parlament als bislang hoffen. Dem 70-jährigen Altlinken war es zuvor gelungen, das zersplitterte linke Lager hinter sich zu einen. Sollte das Mitte-Lager des Präsidenten nur eine relative Mehrheit erreichen, wären der Präsident und die Regierung gezwungen, Unterstützung aus den anderen Lagern zu suchen. Damit würde es für Macron schwieriger, seine Vorhaben ohne grosse Abstriche umzusetzen.
Während das politische Geschehen in Frankreich stark auf die Hauptstadt Paris konzentriert ist, gaben die Spitzenpolitiker ihre Stimme am Sonntag traditionsgemäss in ihren Heimatregionen ab. Macron wählte in Begleitung seiner Ehefrau Brigitte im nordfranzösischen Badeort Le Touquet-Paris-Plage, Mélenchon gab seine Stimme in Marseille ab, während die rechtsnationale Marine Le Pen in Hénin-Beaumont in Nordfrankreich abstimmte.
In Frankreich warten wichtige Projekte auf die Umsetzung: Angemahnt werden Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen, viele Menschen hoffen angesichts der steigenden Preise auf Unterstützung der Regierung und viele wollen energischere Schritte in der Klimakrise. Ausserdem will Macron eine umstrittene Rentenreform durchziehen, die Franzosen sollen länger arbeiten.
Unabhängig davon, wie üppig oder knapp die Mehrheit für das Präsidenten-Lager ausfällt: Für Deutschland und Europa dürfte Frankreich unter Macron ein verlässlicher Partner bleiben. Auch dürfte das Land im Konflikt mit Moskau wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine fester Bestandteil der geschlossenen Front des Westens gegen Russland bleiben.
Das Interesse der Bevölkerung an dem Urnengang war wie schon bei der ersten Wahlrunde schwach. Wie das Innenministerium in Paris mitteilte, betrug die Wahlbeteiligung bis 17.00 Uhr 38,11 Prozent. Das waren 1,3 Prozent weniger als zum selben Zeitpunkt bei der ersten Wahlrunde. In einigen französischen Überseegebieten hatte die Wahl wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstag begonnen.
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