Am Jahrestag des blutigen Anschlags auf dem Boulevard Las Ramblas hat Barcelona mit einer emotionalen Gedenkfeier der Opfer gedacht. Blumen, Musik für den Frieden und ein in verschiedenen Sprachen vorgetragenes Gedicht standen im Mittelpunkt des Programms.
An der Feier nahmen auch König Felipe VI. und Königin Letizia sowie Ministerpräsident Pedro Sánchez und der katalanische Regionalchef Quim Torra teil. Auf der ganz in Weiss gehaltenen Bühne auf der Plaça de Catalunya stand in grossen Lettern das einfache Motto des Festaktes: "Barcelona, Stadt des Friedens", daneben ein Olivenzweig.
"17A" - unter diesem Kurznamen ist der 17. August 2017 in die Geschichte Spaniens eingegangen. Damals steuerte ein islamistischer Attentäter am späten Nachmittag einen Lieferwagen in eine Menschenmenge auf der Flaniermeile. Erst auf dem Pla de l'Os fand die Todesfahrt ein Ende - dort, wo der Künstler Joan Miró 1976 ein buntes Mosaik aus Pflastersteinen gefertigt hatte, das als Symbol von Las Ramblas gilt.
Am Freitagmorgen steckten Familienangehörige Blumen in eigens auf dem Kunstwerk installierte Poller: weisse und rosa Gerbera, Sonnenblumen, blaue Nelken. Ein "improvisierter Altar", wie eine spanische Reporterin kommentierte. Viele weinten, Bürger der Stadt umarmten die Trauernden mit einem leisen Applaus.
"No tinc por - Ich habe keine Angst"
In der Nacht nach dem Anschlag von Las Ramblas war eine weitere grosse Bluttat im Ort Cambrils gerade noch verhindert werden. Insgesamt starben 16 Menschen - 15 in Barcelona und einer in Cambrils. Mehr als 120 Passanten wurden verletzt. Viele Augenzeugen leiden noch heute unter den psychologischen Folgen des Erlebten.
Die Betroffenen stammen aus insgesamt 34 Ländern, denn Barcelona ist gerade im Sommer ein beliebtes Ziel für Touristen aus aller Welt. "Wir haben alle einen Teil von uns auf Las Ramblas gelassen", sagte eine Frau im spanischen Fernsehen.
Am Freitag halten sich die Menschen in Barcelona an den Händen, andere tragen Transparente mit dem mutigen Leitspruch, der sich gleich nach den Anschlägen verbreitete: "No tinc por" - katalanisch für: Ich habe keine Angst.
Dabei hatte die Terrorzelle offenbar noch Grösseres geplant. Das Vorhaben wurde vereitelt, als am 16. August ein Haus in dem Ort Alcanar explodierte, in dem die Attentäter Gasflaschen und Aceton zur Herstellung von Sprengstoff gehortet hatten. Bei der Explosion war auch ein Imam ums Leben gekommen, der als Drahtzieher der Taten gilt.
Musik statt Reden
Die linke Bürgermeisterin Ada Colau hatte im Vorfeld gewarnt, dass bei der Gedenkstunde ausschliesslich die Betroffenen und nicht die Politik im Mittelpunkt stehen sollten. Dennoch hatten Anwohner an einer Häuserfassade an der Plaça de Catalunya ein Plakat angebracht, auf dem sie schrieben: "Der König ist in Katalonien nicht willkommen."
Bei den separatistischen Kräften in der Krisenregion ist das Bourbonen-Haus verpönt. Andere Bürger zeigten ihre Unterstützung und skandierten: "Es lebe der König!", als Felipe den Angehörigen der Opfer sein Beileid aussprach.
Statt Spitzenpolitikern redete am Jahrestag die Musik. Ein Chor sang bewegende Lieder von John Lennons Friedenshymne "Imagine" über "Over the Rainbow" bis zu Leonard Cohens Ballade "Hallelujah". Das berühmte Gedicht "Niemand ist eine Insel" von John Donne (1572-1631) wurde in den Sprachen der Herkunftsländer der Opfer vorgetragen, darunter Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch und Niederländisch.
Dort heisst es: "Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn ich bin Teil der Menschheit; und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt dir selbst."
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