Wichtiger Handelsweg Welche Folgen haben die Huthi-Angriffe im Roten Meer?

AP/toko

17.12.2023 - 00:00

Ein Handelsschiff im Roten Meer. 
Ein Handelsschiff im Roten Meer. 
IMAGO/Pond5 Images (Archivbild)

Die Huthi-Rebellen im Jemen verstärken ihre Angriffe auf Schiffe im Roten Meer, einem der wichtigsten Handelswege der Erde. Was heisst das für den Welthandel? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Huthi-Rebellen haben in den vergangenen Tagen ihre Angriffe auf Handelschiffe im Roten Meer intensiviert.
  • Es handelt sich um einen stark befahrenen Seeweg, auf dem Schiffe den Suez-Kanal durchqueren, um Güter zwischen Asien und Europa zu transportieren.
  • Die Bedrohung könnte sich negativ auf den Welthandel auswirken.
  • Nach Angaben des Branchendienstes «Lloyd’s List Intelligence» verdoppelten sich etwa die Kosten für Versicherungen für Schiffe, die im Roten Meer unterwegs sind.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs greifen die jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer Schiffe mit Verbindungen zu Israel an. Doch nun nimmt die Bedrohung für den Welthandel zu, denn die Rebellen weiten ihre Attacken aus.

Vor wenigen Tagen wurde ein unter norwegischer Flagge fahrender Frachter getroffen, zudem wurden Raketen auf ein Schiff abgefeuert, das Kerosin zum Suez-Kanal transportierte, durch den etwa zehn Prozent des Welthandels fliessen. Zuletzt wurden am Freitag zwei Frachtschiffe vom Rebellengebiet aus angegriffen und in Brand gesetzt, darunter die von der deutschen Reederei Hapag Lloyd betriebene «Al Jasrah».

Nach Angriffen auf Schiffe im Roten Meer hat Schweizer Reederei MSC, die weltgrösste Container-Reederei, am Samstag ihre Transporte auf dieser Route ausgesetzt.

Wer greift Schiffe im Roten Meer an und warum?

Die vom Iran unterstützten Huthis rückten 2014 aus ihrer Hochburg im Norden des Jemens in die Hauptstadt Sanaa vor und besetzten diese. Damit begann ein Bürgerkrieg zwischen ihnen und einer saudisch geführte Koalition, die sich um eine Wiedereinsetzung der Regierung bemüht.

Die Huthis griffen im Laufe der Zeit sporadisch Schiffe in der Region an, doch mit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der militant-islamischen Hamas nahmen die Attacken zu. Die Rebellen setzen dabei Drohnen und Seezielflugkörper ein sowie in einem Fall einen Hubschrauber, um ein israelisches Schiff zu kapern.

In den vergangenen Tagen drohten die Huthis mit Angriffen auf alle Schiffe, die aus ihrer Sicht auf dem Weg nach Israel sind oder von dort kommen. Die Zunahme an Attacken deutet darauf hin, dass die Rebellen nun auf sämtliche Schiffe zielen. Die EU erklärte am Mittwoch, die zahlreichen Angriffe bedrohten die internationale Schifffahrt sowie die Sicherheit auf See und stellten einen schweren Verstoss gegen internationales Recht dar. Die Eingriffe der Huthis in die Schifffahrtsrechte und -freiheit in den Gewässern um die Arabische Halbinsel, insbesondere im Roten Meer, seien inakzeptabel.

Warum ist das Rote Meer wichtig?

Im Norden des Roten Meers liegt der Suez-Kanal und im Süden die Meerenge Bab al-Mandab, die in den Golf von Aden führt. Es handelt sich um einen stark befahrenen Seeweg, auf dem Schiffe den Suez-Kanal durchqueren, um Güter zwischen Asien und Europa zu transportieren. Ein grosser Teil der Energielieferungen für Europa kommt über diese Wasserstrasse, wie John Stawpert erklärt, der bei der Internationalen Schifffahrtskammer für Umwelt und Handel zuständig ist. Das Gleiche gilt für Lebensmittel wie Palmöl und Getreide und alle anderen Güter, die auf Containerschiffen angeliefert werden, was auf die meisten Industrieerzeugnisse weltweit zutrifft.

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Wie wirken sich die Angriff der Huthis auf den Handel aus?

Manche mit Israel in Verbindung stehenden Schiffe schwenkten offenbar auf die längere Route um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung um, wie die Expertin Noam Raydan von der Denkfabrik Washington Institute for Near East Policy erklärt. Dadurch verlängere sich die Fahrt je nach Geschwindigkeit um 19 bis 31 Tage, was zu höheren Kosten und Lieferverzögerungen führe.

Auf den globalen Ölmarkt wirkten sich die jüngsten Angriffe bislang nicht aus. Die Preise fielen, und die Sorge gilt hier eher der schwachen Nachfrage in grossen Volkswirtschaften. Die deutlichsten unmittelbaren Folgen der Eskalation zeigten sich in einem Anstieg der Versicherungskosten: Nach Angaben des Branchendienstes «Lloyd’s List Intelligence» verdoppelten sie sich für Schiffe, die im Roten Meer unterwegs sind. Für israelische Reeder beträgt die Erhöhung demnach sogar 250 Prozent, manche Versicherungsunternehmen wollen sie gar nicht mehr aufnehmen.

Obwohl die Transporteure ihren Kunden einen sogenannten Kriegsrisikoaufschlag von 50 bis 100 Dollar pro Container in Rechnung stellen, sei ein Anstieg der Verbraucherpreise vorerst nicht zu erwarten, sagt der Versicherungs-Redakteur David Osler von «Lloyd’s List Intelligence».

Osler rechnet mit einem weiteren Anstieg der Versicherungskosten, womöglich aber mit noch Schlimmerem. So könnten etwa bei einem Verlust von Schiffen Reeder erwägen, die Region komplett zu meiden. «Momentan ist es nur eine Unannehmlichkeit, die das System bewältigen kann», sagt er. «Niemand zahlt gerne Tausende Dollar mehr, aber man kann damit leben, wenn man muss.»

Könnten die Huthis das Rote Meer abriegeln?

Expertinnen und Experten halten das für unwahrscheinlich. Die Huthis verfügen nicht über echte Kriegsschiffe, mit denen sie eine Absperrung durchsetzen könnten. Zugleich patrouillieren Kampfschiffe der USA, Frankreichs und anderer Länder in dem Gebiet und halten die Wasserstrasse offen. Dennoch reagiert die Schifffahrtsindustrie nervös auf die vermehrten Angriffe, wie Stawpert von der Schifffahrtskammer sagt: «Es wird nicht auf die leichte Schulter genommen.»