«Hochproblematisch» Schweizer Gefechtsköpfe zerstören russische Panzer

uri

6.4.2022

Ein ukrainischer Soldat feuert bei einem Manöver am 15. Februar 2022 eine Panzerabwehrwaffe vom Typ «Next Generation Light Anti-Tank Weapon» NLAW ab. (Archiv)
Ein ukrainischer Soldat feuert bei einem Manöver am 15. Februar 2022 eine Panzerabwehrwaffe vom Typ «Next Generation Light Anti-Tank Weapon» NLAW ab. (Archiv)
Bild: Keystone

Eine Panzerfaust aus schwedischer Produktion wird in der Ukraine erfolgreich gegen russische Einheiten eingesetzt. Das zentrale technische Element kommt aus der Schweiz.

uri

6.4.2022

Die ukrainische Armee meldete zuletzt nicht nur die Rückeroberung zahlreicher Ortschaften in den Regionen um Kiew, sondern auch grosse Verluste russischer Truppen. Laut dem Nachrichtenportal «The Kyiv Independent» – dessen Zahlen sich allerdings nicht verifizieren lassen – wurden bis heute 18'600 russische Soldaten getötet oder verwundet. Zudem habe Moskau 684 Panzer, 1861 militärische Radfahrzeuge, 332 Artilleriegeschütze, 150 Flugzeuge und 135 Helikopter verloren.

Gerade bei der Zerstörung von Panzern hat «Swiss Made» Technik einen entscheidenden Anteil, wie SRF berichtet. Die von ukrainischen Streitkräften eingesetzten Panzerabwehrraketen vom Typ «Next Generation Light Anti-Tank Weapon» NLAW aus schwedischer Produktion verfügen demnach über einen Gefechtskopf, der von Saab Bofors Dynamics Switzerland Ltd im Berner Oberland hergestellt wird.

Zur Effektivität der Waffe trage nicht zuletzt gerade dieses Element bei. Der Gefechtskopf fliege nämlich nicht, wie bei anderen entsprechenden Waffen, direkt ins Ziel, sondern darüber und detoniere über dem Panzer, wie SRF berichtet. So richte er dort den grössten Schaden dort an, wo die Panzer am schlechtesten geschützt sind.

Rund 4000 der NLAWs wurden der Ukraine bislang über Grossbritannien geliefert. Laut «Rundschau»-Recherchen habe der Bund seit dem Jahr 2008 mehrere Gesuche für den Export der Gefechtsköpfe ins Vereinigte Königreich bewilligt, wobei sich das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco dazu nicht habe äussern wollen.

«Neutralitätspolitisch hochproblematisch»

Neben der Bewilligung für den Export von Kriegsmaterial ins Ausland müsse der Käufer normalerweise mittels einer sogenannten Nichtwiederausfuhr-Erklärung zudem garantieren, dass er das Material nicht ins Ausland weitergebe, so das SRF. Allerdings bestehe hier eine Ausnahme: So könne bei Einzelteilen oder einer Baugruppe von Waffen auch auf die Nichtwiederausfuhr-Erklärung verzichtet werden, was im Fall der NLAWs auch geschehen sei. Das habe es London schliesslich ermöglicht, die Panzerfäuste in die Ukraine zu liefern.

US-Generalstabschef: Zukunft des Krieges zeigt sich in der Ukraine

US-Generalstabschef: Zukunft des Krieges zeigt sich in der Ukraine

In einer Anhörung vor dem US-Kongress hat der US-Generalstabschef erläutert, welche Lehren Militärs aus dem Ukraine-Krieg ziehen können. Die russischen Kräfte seien nicht für Kämpfe in städtischen Gebieten vorbereitet, sagte Mark Milley.

06.04.2022

Während bürgerliche Sicherheitspolitiker wie Mitte-Nationalrat Alois Gmür oder SVP-Nationalrat Thomas Hurter hinsichtlich der Weitergabe der Technik gegenüber SRF keine grösseren Probleme sehen, weil die Export-Regeln streng seien und der Vorgang legal, betrachtet die grüne Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter den Vorgang «neutralitätspolitisch hochproblematisch». Schlatter argumentiert, dass Schweizer Kriegsmaterial immer wieder an Stellen lande, wo es nichts verloren habe, etwa in kriegerischen Konflikten. Sie fordert gegenüber dem Sender deshalb eine Verschärfung entsprechender Exportregeln.

Das Seco habe bereits auf den Vorgang reagiert und die Ausnahmeregelung bei den Waffenteilen im Falle des Kriegs in der Ukraine abgeschafft, berichtet SRF. Ab sofort brauche es beim Export von Bauteilen für Waffen an private Firmen «eine Bestätigung, dass das Kriegsmaterial aus der Schweiz oder ein damit hergestelltes Produkt nicht nach Russland oder die Ukraine re-exportiert wird».