Ein Richterspruch hat bei Brasiliens inhaftiertem Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva etwas Hoffnung auf eine Freilassung geweckt. Dies galt allerdings nur für wenige Stunden.
Ein Richter am Obersten Gerichtshof des Landes entschied am Mittwoch (Ortszeit), dass alle in einem Berufungsverfahren verurteilten Häftlinge freigelassen werden müssen, deren Rechtsmittel noch nicht ausgeschöpft sind.
Dies trifft auch auf Lula zu. Die Anwälte des wegen Korruptionsvorwürfen verurteilten Ex-Präsidenten (2003 bis 2010) reichten deswegen umgehend einen Antrag auf Haftentlassung ein.
Generalstaatsanwältin Raquel Dodge legte aber Widerspruch gegen den Entscheid von Richter Marco Aurélio de Mello ein. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs, José Antonio Dias Toffoli, kassierte Mellos Urteil daraufhin.
Medienberichten zufolge hätten auf Grundlage von Mellos Anordnung landesweit rund 169'000 Häftlinge aus dem Gefängnis entlassen werden können. Die Entscheidung des Richters sorgte auch deswegen für Wirbel, weil sie nur knapp zwei Wochen vor Amtsantritt des neuen Rechtsaussen-Präsidenten Jair Bolsonaro erfolgte. Bolsonaro hatte während des Wahlkampfes gesagt, er wolle Lula "im Gefängnis verrotten" sehen.
Lula beteuert Unschuld
Der nach wie vor populäre Linkspolitiker Lula sitzt seit April im Gefängnis, wo er eine zwölfjährige Strafe wegen Korruption verbüsst. Der heute 73-Jährige war schuldig gesprochen worden, von dem in den Petrobras-Skandal verwickelten Baukonzern OAS begünstigt worden zu sein. Lula beteuert seine Unschuld und spricht von einem "Komplott", das seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl vor zwei Monaten verhindern sollte.
Derweil erhob Generalstaatsanwältin Raquel Dodge am Mittwoch neue Korruptionsvorwürfe gegen den scheidenden Staatschef Michel Temer. Er soll in seiner Zeit als Abgeordneter Bestechungsgelder von Hafenbetreibern angenommen haben. Dodge legt ihm auch Geldwäsche zur Last.
Gegen Temer werde ermittelt, weil er im Gegenzug für einen Erlass im Jahr 2017 über die Erlaubnis zur langfristigen Verlängerung bestimmter Verträge Schmiergeld erhalten haben soll. Das Büro des Präsidenten erklärte, Temer werde nachweisen, dass es bei der Verlängerung keine Unregelmässigkeiten gegeben habe und auch kein Unternehmen rechtswidrig Vorteile erlangt habe.
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