Teheran dementiert FestnahmeIranische Kletterin soll in Folter-Gefängnis gelandet sein
smi
18.10.2022
Elnaz Rekabi ist an einem Sportkletter-Wettkampf in Seoul ohne Kopftuch angetreten. Quellen zufolge ist sie umgehend verhaftet worden. Ihr soll Gefängnis drohen. Teheran will von einer Festnahme unterdessen nichts wissen.
smi
18.10.2022, 18:30
18.10.2022, 18:38
smi
Weltweit sorgen sich Menschen um die iranische Klettersportlerin Elnas Rekabi, die mit dem Ablegen ihres Kopftuchs im Finale der Asienmeisterschaften in Seoul für Wirbel gesorgt hatte.
Die 33-Jährige soll sich auf dem Weg zurück von Südkorea in ihr Heimatland befinden – ihr Verbleib war am Dienstag aber zunächst unklar. Zuvor war Rekabi von Iranerinnen und Iranern bejubelt worden, die ihre Aktion als Solidarität mit den systemkritischen Protesten im Iran betrachten. Für Sportlerinnen der iranischen Nationalmannschaft ist islamische Kleidung Pflicht.
Medienberichten zufolge hatte Rekabis Team das Hotel am Montagmorgen verlassen, was dann mit ihr geschah, ist nicht bekannt. Rekabis Pass und Mobiltelefon sollen Berichten in den sozialen Medien zufolge beschlagnahmt worden sein, auch von einer Festnahme war die Rede. Die iranische Botschaft in Seoul wies diese Anschuldigungen kategorisch zurück.
In der Nacht zum Dienstag waren zahlreiche Iraner zum Hauptstadtflughafen in Teheran geströmt, um Rekabi als neue Heldin der Frauenproteste zu feiern. Doch die Strassen zum Flughafen waren abgeriegelt, die Polizei erlaubte nur Personen mit einem gültigen Flugticket die Weiterfahrt. Diese Angaben wurden von den iranischen Behörden noch nicht bestätigt. Unklar war auch, wann Rekabi wieder in Teheran eintrifft.
Sie verstiess bereits früher gegen Bekleidungsregeln
Ob die Weltklasse-Kletterin Rekabi gewusst hat, wie gross das Risiko ist, das sie eingeht, ist unbekannt. Von iranischen Athletinnen wird erwartet, dass sie sich auch im Wettkampf den Regeln der Sittenwächter gemäss kleiden. Das Kopftuch ist Pflicht.
Rekabi ist schon früher mit regierungskritischen Auftritten aufgefallen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Bekleidungsregeln bezeichnete sie im Rahmen von Kletter-Wettkämpfen als bizarr. Ausserdem könne sie sich sportlich nicht weiterentwickeln, da sie im Iran keine weibliche Konkurrenz habe, aber nicht mit Männern trainieren dürfe. Dass Rekabi kurz vor ihrem Einsatz im Final das Kopftuch ablegte, wird eindeutig als Zeichen der Solidarität mit den Protesten im Iran gesehen.
Die Kletterin #ElnazRekabi wurde gestern weltweit für Ihren Mut gefeiert ihr Kopftuch abgelegt zu haben, um gegen das (Unrechts) Regime im #Iran zu protestieren. Jetzt ist sie „verschwunden“.Dieser Fall braucht jetzt maximale Öffentlichkeit,damit Ihr nicht ein Haar gekrümmt wird. pic.twitter.com/WAFx6U56zJ
Im Iran protestieren seit gut einem Monat Frauen ohne Kopftuch gegen das Regime der Mullahs. Auslöser ist der ungeklärte Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Die junge Frau ist im vergangenen Monat von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil ihr Kopftuch leicht verrutscht war und ein paar Haarsträhnen zu sehen waren.
Das regierungskritische Nachrichtenportal Iranwire berichtet, Elnaz Rekabi sei in Gewahrsam des Machtapparats. Zurück im Iran sei sie direkt in das berüchtigte Foltergefängnis Ewin gebracht worden. Davor sei sie unter einem Vorwand in die iranische Botschaft gelockt worden, wo ihr Pass und Mobiltelefon abgenommen worden seien.
Iranwire zitiert eine anonyme Quelle mit der Aussage: «Sie [Elnaz Rekabi] hat auch kein Asyl beantragt, weil ihr Mann im Iran ist und sie nach dem Wettbewerb zurückkehren wollte. Sie trifft immer so mutige Entscheidungen.»
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