Nahostkonflikt Israel plant neues jüdisches Viertel auf Markt in Hebron

SDA/tpfi

1.12.2019

Ein Mann streitet in Hebron im Westjordanland mit israelischen Soldaten. (Archivbild)
Ein Mann streitet in Hebron im Westjordanland mit israelischen Soldaten. (Archivbild)
Bild: Wisam Hashlamoun/Zuma Press/dpa/Archiv

Hebron im Westjordanland ist seit 1998 zweigeteilt und gilt als ewiges Pulverfass im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Die israelische Regierung will nun die Zahl der Siedler durch ein neues jüdisches Viertel verdoppeln — die israelische Friedensorganisation Peace Now kritisierte die Baupläne umgehend.

Israel will in der geteilten Stadt Hebron im Westjordanland ein neues jüdisches Viertel bauen. Verteidigungsminister Naftali Bennett verkündete am Sonntag Baupläne für den seit 1994 geschlossenen palästinensischen Grossmarkt. Ausserdem will Israel umgerechnet gut zehn Millionen Euro in die Sicherheit seiner Siedlungen im Westjordanland investieren.

Die israelische Friedensorganisation Peace Now kritisierte die Baupläne in Hebron umgehend. Ein neues jüdisches Viertel in der Stadt werde Israel «moralisch, sicherheitspolitisch und juristisch schweren Schaden zufügen», sagte ihre Sprecherin Chagit Ofran. Die israelische Präsenz in der Stadt sei eine Bürde für die Armee und lähme seit Jahrzehnten das palästinensische Alltagsleben.

Seit 1998 ist Hebron zweigeteilt: Einen Teil kontrolliert die Palästinensische Autonomiebehörde, den anderen Israel. Mitten in der Stadt mit rund 210'000 Palästinensern leben rund 800 israelische Siedler. Wegen der Präsenz von Siedlern und Soldaten mussten Palästinenser im Stadtzentrum Geschäfte und Wohnungen aufgeben.

Laut Bennetts Plan sollen die Gebäude auf dem Markt abgerissen und neu gebaut werden. Die palästinensischen Geschäfte im Erdgeschoss sollten aber bestehen bleiben und die Rechte der Besitzer nicht beeinträchtigt werden, heisst es in der Mitteilung.

Markt war bis zu Massaker in jüdischem Besitz

Das neue Viertel solle eine territoriale Verbindung zwischen dem jüdischen Viertel Avraham Avinu und den Patriarchengräbern in Hebron schaffen sowie die Zahl der israelischen Siedler in der Stadt verdoppeln. Bis zu einem Massaker einer arabischen Menge an 67 Juden in Hebron 1929 sei der Markt in jüdischem Besitz gewesen.

Die Patriarchengräber sind für Juden, Christen und Muslime heilig — und heute auf eine Moschee und eine Synagoge aufgeteilt.

Die israelischen Behörden hatten den palästinensischen Grossmarkt, Ort ständiger Konfrontationen israelischer Siedler mit der palästinensischen Bevölkerungsmehrheit, nach dem Goldstein-Massaker im Februar 1994 geschlossen. Der extremistische Siedler Baruch Goldstein hatte im Patriarchen-Grab 29 betende Muslime erschossen.

Am Samstag hatten israelische Soldaten bei Hebron auf drei Palästinenser gefeuert, die im Westjordanland Brandflaschen auf ein israelisches Auto geworfen haben sollen. Ein Palästinenser sei dabei getötet worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit.

10 Millionen Euro für Siedlungsschutz

Israel will zudem umgerechnet gut zehn Millionen Euro in die Sicherheit seiner Siedlungen im Westjordanland investieren. Das kündigte der rechtskonservative Regierungschef Benjamin Netanjahu am Sonntag bei der Kabinettssitzung in Jerusalem an.

Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet habe zahlreiche Anschläge von Palästinensern im Westjordanland verhindert. «Wir werden den Terror weiter bekämpfen, sie können uns nicht von hier vertreiben, dies ist unser Land», sagte der 70-Jährige.

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600'000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil eines unabhängigen Staates. Der Uno Sicherheitsrat hatte 2016 einen kompletten Stopp des israelischen Siedlungsbaus gefordert.

US-Aussenminister Mike Pompeo hatte allerdings vor zwei Wochen erklärt, der Bau von israelischen Siedlungen im Westjordanland sei aus Sicht der USA «nicht per se unvereinbar mit internationalem Recht». Damit rückte er von der bisherigen US-Haltung in dieser Frage ab. Bei den Palästinensern löste dieser Schritt grossen Zorn aus.

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