Israel Israels Corona-Wettlauf: Impfen im Akkord gegen Rekordzahlen

SDA

13.1.2021 - 12:21

ARCHIV - Ein ultra-orthodoxer jüdischer Mann erhält von einer medizinischen Angestellten in einem Impfzentrum in Jerusalem eine Corona-Impfung. Foto: Oded Balilty/AP/dpa
ARCHIV - Ein ultra-orthodoxer jüdischer Mann erhält von einer medizinischen Angestellten in einem Impfzentrum in Jerusalem eine Corona-Impfung. Foto: Oded Balilty/AP/dpa
Keystone

Israel gilt in der Corona-Krise als eine Art Vorreiter. Viele Entwicklungen spielen sich dort früher ab als anderswo: Die erste Welle war schneller vorbei, die zweite Welle erfasste Israel früher als andere Länder.

Auch bei der Impfkampagne ist der kleine Mittelmeerstaat ganz vorne dabei. Daten der Universität Oxford zufolge belegt er den weltweiten Spitzenplatz bei den Impfungen pro Kopf. Zeitgleich vermelden die Behörden jedoch so viele Neuinfektionen wie nie zuvor – obwohl in dem Land seit knapp einer Woche ein harter Lockdown mit strikten Restriktionen gilt. Die Krankenhäuser sind nahe der Belastungsgrenze.

Wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 9025 Fälle verzeichnet. Erstmals seit Beginn der Pandemie wurden damit an zwei Tagen in Folge mehr als 9000 Neuinfektionen registriert, der Rekord mit fast 9700 stammte vom Montag. Etwas mehr als sieben Prozent der gemachten Tests fielen positiv aus. Zum Vergleich: Die deutschen Gesundheitsämter meldeten zuletzt 19 600 Infektionen. Deutschland hat etwa neunmal mehr Einwohner als Israel.

Der frühere Corona-Beauftragte Israels sieht trotz der dritten Welle Anlass für Optimismus. «Ich hätte ohne die Impfungen einen noch viel höheren Anstieg der Infektionszahlen erwartet», sagte Ronni Gamzu der Deutschen Presse-Agentur. «Ich sehe in diesen Tagen schon eine Veränderung, weniger Kranke unter den Geimpften – das bedeutet, dass die Impfung die Pandemie ausbremst.» Bis Monatsende werde die Kombination von Lockdown und intensiver Impfkampagne Früchte tragen.

Nach offiziellen Angaben waren 17 Prozent der derzeit Schwerkranken bereits geimpft. «Das sind aber letztlich nicht viele», meinte Gamzu. Mehr als 70 Prozent der über 60-Jährigen in Israel hätten bereits eine erste Impfdosis erhalten. Sonst wären noch viel mehr von ihnen schwer an Corona erkrankt. Medien berichteten von einer Studie der grössten Krankenkasse im Land, Clalit, die eine Gruppe von 200 000 Geimpften im Alter über 60 mit einer gleich grossen Gruppe Nicht-Geimpfter verglichen habe. Demnach war die Zahl der Infizierten in der geimpften Gruppe zwei Wochen nach der ersten Dosis um 33 Prozent niedriger als in der nicht-geimpften Gruppe.

Besonders hoch sind die Zahlen weiterhin im ultraorthodoxen jüdischen und arabischen Sektor. Dort ist die Impfbereitschaft geringer. Gamzu sieht als Grund für die hohen Zahlen aber auch mangelnde Disziplin und Einhaltung der Corona-Regeln, ebenso wie strukturelle Gründe. «In den meisten Familien leben dort mindestens sechs bis sieben Menschen auf kleinem Raum, anders als in Europa.»

Während in Israel bereits knapp zwei Millionen Menschen eine erste Impfung erhielten, ist in den Palästinensergebieten offiziell noch niemand geimpft worden. Die Corona-Lage dort ist sehr angespannt. Etwa jeder fünfte Test im Gazastreifen fällt derzeit positiv aus.

Die Palästinenser und die Israelis bemühen sich getrennt um eine Eindämmung des Virus. Laut den Friedensverträgen mit Israel liegt die Verantwortung für den Gesundheitsbereich bei der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Diese hat Israel bislang nicht um Impfstoffe gebeten, sieht es als Besatzungsmacht aber moralisch und rechtlich zu Unterstützung verpflichtet. Die Palästinenser berufen sich dabei unter anderem auf die Genfer Konventionen. Sie weisen auch darauf hin, dass in den Friedensverträgen eine Zusammenarbeit bei der Epidemiebekämpfung festgeschrieben wurde. Die PA hat Mitte 2020 die Zusammenarbeit mit Israel beendet und bislang nur die Kooperation in Sicherheitsfragen wieder aufgenommen.

Die Autonomiebehörde bemüht sich parallel um eigene Impfstofflieferungen. Eine Notfallgenehmigung erhielt bislang das russische Präparat Sputnik. Mit dem Lieferbeginn wird im Februar gerechnet. Im Westjordanland leben etwa vier Millionen Menschen, im Gazastreifen rund 2,3 Millionen.

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