Italiens wiedergewählter Präsident Sergio Mattarella will das Thema Würde in den Mittelpunkt seiner zweiten Amtszeit stellen. Der 80-Jährige legte am Donnerstag im Parlament den Eid ab und ermutigte seine Landsleute, sich den Herausforderungen zu stellen: von der Corona-Krise über notwendige Reformen bis hin zu demografischen Aspekten, den Chancen von Frauen und den Kampf gegen Rassismus. «Italien ist ein grossartiges Land», unterstrich der Staatschef.
03.02.2022, 21:06
SDA
Dem ehemaligen Verfassungsrichter liegt auch das Thema Würde am Herzen. Oft genüge das Land nicht seinen Ansprüchen: bei jungen Menschen, die vergeblich Arbeit suchen; bei Frauen, die sich zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen und die zu häufig Opfer von Gewalt sind; bei den Italienern, die wegen schlampiger Sicherheitsvorschriften an ihren Arbeitsstätten verunglücken; beim Umgang mit Menschen mit Behinderungen; im Kampf gegen die Mafia; bei der längst überfälligen Reform des italienischen Justizwesens. Die mehr als halbstündige Rede wurde Dutzende Male vom Applaus der Delegierten unterbrochen.
Mattarella war am Samstag im achten Wahlgang von den 1009 Wahlleuten gewählt worden. Zuvor war bei dem tagelangen Geschachere und Gefeilsche deutlich geworden, dass sich die Mitte-Rechs- und Mitte-Links-Blöcke nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können. Mattarella, der eigentlich keine zweite Amtszeit wollte, wurde überredet, entgegen der Tradition in Italien für ein zweites Mandat zur Verfügung zu stehen.
Der Sizilianer sprach in seiner Rede am Donnerstag von «quälenden Tagen der vorigen Woche, quälend für alle, auch für mich». Hätte die Ungewissheit über den künftigen Staatspräsidenten länger gedauert, wäre das Vertrauen der Menschen in die Politik weiter gesunken.
Als sprang Mattarella als Retter ein. «Ich muss – unerwartet – erneut Verantwortung übernehmen, der ich mich nicht entziehen darf und was ich auch nicht vorhabe», sagte er und forderte Politik und Bürger auf: «Es ist unsere Aufgabe, für ein moderneres Italien zu sorgen.»
Der Staatspräsident hat in Italien ähnlich wie in Deutschland vor allem eine repräsentative Rolle. Allerdings sorgen zusätzliche Befugnisse dafür, dass er vor allem in Krisenzeiten deutlich Einfluss nehmen kann auf die Politik. Er kann in die Regierungsbildungen eingreifen und beispielsweise die Berufung von Minister verhindern. Zusammen mit Ministerpräsident Mario Draghi hatte Mattarella das Land durch die Corona-Krise manövriert und an einen Punkt gebracht, an dem trotz hoher Infektionszahlen ein Rückkehr zur Normalität möglich ist.
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