Wahl nach Attentat auf Ex-Premier Abe Regierende Koalition gewinnt Wahl in Japan deutlich

dpa

11.7.2022 - 08:15

Japans Regierung baut Mehrheit im Oberhaus aus

Japans Regierung baut Mehrheit im Oberhaus aus

Unter dem Eindruck des tödlichen Attentats auf den früheren Ministerpräsidenten Shinzo Abe, gewann dessen Regierungspartei der Liberaldemokraten die Wahlen in Japan. Zusammen mit Koalitionspartner errang sie 76 der zur Wahl stehenden 125 Mandate.

11.07.2022

Japan wird seit Jahrzehnten fast ununterbrochen von der Liberaldemokratischen Partei LDP regiert. Erneut hat sie eine Wahl deutlich gewonnen. Die Wahlbeteiligung war jedoch eine der niedrigsten.

Japans Wähler haben der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) von Ministerpräsident Fumio Kishida einen haushohen Sieg beschert und damit für politische Stabilität gesorgt.

Die LDP sicherte sich bei der Oberhauswahl auch ohne ihren Koalitionspartner Komeito die alleinige Mehrheit, wie japanische Medien nach Auszählung aller Stimmen berichteten. Demnach kam die Partei zwei Tage nach dem Attentat auf den früheren Partei- und Regierungschef Shinzo Abe auf 63 der 125 zur Wahl stehenden Sitze.

Die Wahlbeteiligung lag zwar mit 52 Prozent knapp über der der vorherigen Wahl, ist aber dennoch eine der bisher niedrigsten. Dass die regierende Koalition von Kishida bei der Wahl siegen würde, war schon vor dem Attentat erwartet worden.

Grosse Aufgaben stehen bevor

Kishida hat damit eine solide Machtbasis, um die gewaltigen Herausforderungen seines Landes anzugehen. Dazu gehört etwa Japans wirtschaftliche Erholung, die von der Corona-Pandemie durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise bedroht ist. Zudem haben Russlands Invasion in der Ukraine, Chinas wachsendes Machtstreben und Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm die Sicherheitslage verschärft. Strukturprobleme wie die rasante Überalterung der Gesellschaft angesichts niedriger Geburtenraten, der Arbeitskräftemangel, Landflucht und die horrende Staatsverschuldung bleiben ungelöst.

Japans Premierminister Fumio Kishida (6.v.l) hat mit seiner Liberaldemokratischen Partei die Oberhauswahl klar gewonnen.
Japans Premierminister Fumio Kishida (6.v.l) hat mit seiner Liberaldemokratischen Partei die Oberhauswahl klar gewonnen.
Bild: Keystone

Durch den haushohen Wahlsieg des Regierungslagers dürfte zudem die Debatte um die von der LDP seit langem angestrebte Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung weiter an Fahrt gewinnen. Dies war das politische Lebensziel des ermordeten Abe gewesen. Das Lager der Befürworter sicherte sich hierfür die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Neben den Koalitionsparteien befürworten die oppositionelle Democratic Party for the People und die konservative Nippon Ishin ebenfalls eine Änderung. Letztere konnte ihre Sitzzahl erhöhen, während die bislang grösste Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei, geschwächt aus der Wahl ging.

Kritiker sprechen von alternativeloser Wahl

Viele Bürger sehen in der zersplitterten Opposition keine echte Alternative zur LDP, weswegen manche Kritiker auch von einem Einparteienstaat sprechen. Die LDP regiert mit zwei kurzen Unterbrechungen seit ihrer Gründung 1955. Die LDP profitiert nach Meinung von Experten letztlich von der weit verbreiteten Politikverdrossenheit, denn sie hat eine treue Stammwählerschaft. Eine weitere Rolle spiele der starke Einfluss der LDP auf die Medien.

Lange Zeit hatten in Japan die Regierungschefs im Jahresrhythmus gewechselt. Das änderte sich erst unter dem ermordeten Abe, der für Stabilität in Japans Politik sorgte. Die drängenden Strukturprobleme konnte aber auch er nicht lösen. Sein Nachfolger Kishida hatte bei seinem Amtsantritt vor rund neun Monaten einen «neuen Kapitalismus» versprochen, der die verschärfte Kluft zwischen Arm und Reich verringern soll. Damit distanzierte er sich vom jahrelangen wirtschaftspolitischen Neoliberalismus unter Abe und grub mit seinem Ruf nach wirtschaftlicher Umverteilung der Opposition das Wasser ab.

dpa