Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am Freitag in Hindelbank an die Administrativen Versorgungen erinnert, die bis in die 1980-er Jahre hinein praktiziert wurden.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter und der Berner Justizdirektor Philippe Müller auf dem Weg an den Festakt zum 125-jährigen Jubiläum der Justizvollzugsanstalt Hindelbank.
Keller-Sutter erinnert in Hindelbank an administrative Versorgungen - Gallery
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am Freitag in Hindelbank an die Administrativen Versorgungen erinnert, die bis in die 1980-er Jahre hinein praktiziert wurden.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter und der Berner Justizdirektor Philippe Müller auf dem Weg an den Festakt zum 125-jährigen Jubiläum der Justizvollzugsanstalt Hindelbank.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am Freitag in Hindelbank BE an das «dunkle und lange Kapitel» der administrativen Versorgungen erinnert. Anlass bildete ein Festakt im einzigen Frauengefängnis der Deutschschweiz.
Seit 125 Jahren wird das Schloss Hindelbank nördlich von Bern als Anstalt für eingewiesene Frauen genutzt. Die heutige Justizvollzugsanstalt (JVA) bietet 107 Plätze für Straftäterinnen, die sich auf ihre Resozialisierung vorbereiten.
Gegründet wurde sie 1896 als «Zwangsarbeitsanstalt für Weiber», wie Keller-Sutter in Erinnerung rief. Einweisungsgründe waren etwa Arbeitsscheu, unsittliches Leben, Landstreicherei und Familienvernachlässigung. «Man wollte diese Frauen mit Zwangsarbeit auf den ,rechten Pfad' fahren», sagte Keller-Sutter gemäss Redetext.
Braune und blaue Kleider
Die sogenannten administrativen Versorgungen gab es bis 1981. Keller-Sutter sprach von einem «langen und dunklen Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte». Jahrzehntelang lebten administrativ versorgte Frauen und Mädchen Seite an Seite mit verurteilten Straftäterinnen. Die administrativ Versorgten trugen braune, die straffälligen Frauen blaue Arbeitskleidung.
Keller-Sutter erinnerte an das Schicksal von Ursula Biondi, die in den 1960er-Jahren in Hindelbank eingewiesen worden war, weil sie als Minderjährige schwanger wurde und ihr Kind behalten wollte. Biondi hatte sich jahrelang dafür eingesetzt, dass die offizielle Schweiz das erlittene Unrecht der administrativ Versorgten anerkennt.
Im September 2010 besuchte die damalige Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Justizvollzugsanstalt Hindelbank. Sie bat die Betroffenen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen im Namen des Bundes um Entschuldigung.
Die Zürcher Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr war damals auch in Hindelbank anwesend. Die offizielle Entschuldigung sei «ein Moment ganz grosser Emotion gewesen», sagte sie am Freitag vor rund hundert Gästen aus Politik, den drei Schweizer Strafvollzugskonkordaten, der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz.
«Zentrale Rolle im Justizsystem»
Heute stehe die Justizvollzugsanstalt Hindelbank für einen adäquaten Freiheitsentzug, der den heutigen Anforderungen entspreche, sagte Bundesrätin Keller-Sutter. Als einziges Frauengefängnis in der Deutschschweiz spiele Hindelbank eine zentrale Rolle im Schweizer Justizsystem.
Insgesamt gibt es in der Schweiz rund 250 Gefängnisplätze für Frauen. Die JVA Hindelbank nimmt Eingewiesene aus der ganzen Deutschschweiz ab einer Vollzugsdauer von drei Monaten auf. Bei freien Kapazitäten werden auch Frauen aus der Romandie aufgenommen. Dort befindet sich in Lonay VD ein Frauengefängnis mit 82 Plätzen.