USA Lockerer Umgang mit Corona kommt bei Trump-Anhängern gut an

AP/toko

8.10.2020

Nach seiner Rückkehr aus dem Spital nahm US-Präsident Donald Trump erstmal seine Maske ab — obwohl er noch mit dem Coronavirus infiziert ist.
Nach seiner Rückkehr aus dem Spital nahm US-Präsident Donald Trump erstmal seine Maske ab — obwohl er noch mit dem Coronavirus infiziert ist.
KEYSTONE/EPA/KEN CEDENO / POOL

Von Anfang an redete Trump das Risiko klein. Auch jetzt, wo er selbst infiziert ist, nimmt er gängige Schutzmassnahmen nicht allzu ernst. Kritiker machen ihm das zum Vorwurf. Doch es gibt in den USA auch viele, die den Präsidenten darin als Vorbild sehen.

Mehr als eine Million Menschen sind bereits mit dem Coronavirus gestorben. Wie Donald Trump die Gefahr zu verharmlosen versucht, obwohl er inzwischen sogar selbst erkrankt ist, sorgt weltweit für Kopfschütteln – nicht zuletzt bei denen, die an den Folgen einer Ansteckung leiden oder Angehörige verloren haben. Bei seinen Stammwählern stösst der US-Präsident mit seiner Haltung dagegen überwiegend auf Beifall.

In Interviews mit der Nachrichtenagentur AP liessen nur wenige Trump-Anhänger erkennen, dass sie die Erkrankung des Republikaners als mahnendes Beispiel nähmen. Kaum welche sagten, sie würden deswegen die eigene Einstellung zu Gesichtsmasken oder Abstandsregeln überdenken. Viele bezeichneten die Entwicklung gar als Beleg dafür, dass die Bedrohung durch die Pandemie überschätzt werde.



«Ich denke, die meisten von uns sind zu der Erkenntnis gelangt, dass es früher oder später auch uns erwischen wird, und wir so oder so damit klarkommen müssen», sagte Ken Gray, ein Bezirksvorsteher aus Sparks im Staat Nevada, am Montag, kurz bevor der Präsiden nach nur drei Tagen in einer Militärklinik ins Weisse Haus zurückkehrte. In Ohio trafen sich Mitglieder einer «Frauen für Trump»-Gruppe in einem Raum, um dort gemeinsam für die Genesung des Präsidenten zu beten – ohne dabei irgendwelche Schutzmassnahmen zu beachten.

Dass Trump sich angesteckt hat, scheint kaum jemanden zu überraschen. Einige bezeichneten es sogar als erstaunlich, dass es erst jetzt dazu kam. «Es ist Oktober, und es erwischt ihn erst jetzt», betonte die 18-jährige Taylor Adams bei dem Treffen in Ohio. Die Erstwählerin sah es geradezu als Leistung, dass der Präsident so lange gesund geblieben war. «Ich denke, dass er es definitiv überstehen wird», fügte sie hinzu.

Trump-Aussagen prägen Stimmung

Die Aussagen zeigen, wie sehr Trump mit seinen Behauptungen bezüglich des Coronavirus, die von Gesundheitsexperten als irreführend kritisiert werden, die Stimmung prägt. Von Beginn an stellte er die Lage positiver dar, als sie nachweislich war. Er spielte die Gefahr herunter und wies Empfehlungen zur Eindämmung des Ausbruchs zurück. Am Dienstag verglich er das Virus mit einer normalen Grippe.

Fakt ist, dass Covid-19 weit mehr Opfer gefordert hat als eine saisonale Grippewelle, vor allem unter älteren Menschen – und es ausserdem Anzeichen für langfristige Auswirkungen auch bei jüngeren Patienten gibt. Gegenüber dem US-Journalisten Bob Woodward hat Trump eingeräumt, dass er die Gefahr habe herunterspielen wollen, um keine Panik zu verursachen. Gleichzeitig reiste er trotz der Pandemie quer durchs Land; an manchen Orten trat er vor Tausenden Leuten auf, die sich – seinem Beispiel folgend – ebenfalls kaum schützten.

Wie genau es zur Ansteckung des Präsidenten kam, ist unklar. Innerhalb des Weissen Hauses mussten sich alle, die engen Kontakt mit ihm hatten, regelmässig testen lassen. Die Vorgaben im Hinblick auf Schutzmasken oder Mindestabstände waren aber eher lax. Selbst jetzt, wo das Virus im Gebäude grassiert, gilt das Tragen einer Maske im Weissen Haus als eine Frage der «persönlichen Entscheidung»; eine Pflicht besteht nur für Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates.

Auch die Rentnerin Kathy Burke sieht den lockeren Umgang mit der Gefahr durch das Coronavirus aber unkritisch. «Jeder kann es kriegen. Auch ich kann es kriegen», sagt die Trump-Anhängerin aus Reno, als sie im örtlichen Wahlkampfbüro neue Plakate abholt. Sie selbst trägt eine Maske mit Trump-Motiv. Das habe sie aber schon vor der Erkrankung des Präsidenten getan, sagt sie.

«Ich finde das grossartig»

Rick Zirpolo, ein Geschäftsmann aus der gleichen Stadt in Nevada, hat laut eigenen Angaben ebenfalls keine Bedenken wegen Trumps Einstellung zur Pandemie. «Vom ersten Tag an war ich der Meinung, dass das Ganze mit dem Virus übertrieben und für politische Zwecke ausgenutzt wird», sagt er. Trumps viel kritisierten Ausflug aus dem Krankenhaus am Wochenende sowie dessen Entscheidung, so früh ins Weisse Haus zurückzukehren, bewertet Zirpolo positiv. «Ich finde das grossartig, denn es zeigt sein Engagement für das Land», sagt er.

Am anderen Ende der USA, in Newberry im Ostküstenstaat South Carolina, ist der 50-jährige Lehrer Scott Gardner nicht ganz so euphorisch. Dass der Präsident sich mit dem Coronavirus angesteckt habe, mache er ihm nicht zum Vorwurf, da dies sehr leicht geschehen könne, sagt er. Bei der Wahl im Jahr 2016 habe er Trump seine Stimme gegeben – und er habe vor, das dieses Jahr erneut zu tun.

Trotzdem hofft Gardner, dass die Erkrankung den Präsidenten dazu veranlassen könnte, sein Verhalten zu ändern. Die Erfahrung sollte als «Weckruf» dienen, grösseren Wert auf Masken und Abstandsregeln zu legen, vor allem bei grösseren Versammlungen, sagt er. Gleichzeitig müsse man sich darüber im Klaren sein, dass immer ein Risiko bestehe, sich mit dem Virus anzustecken – «sobald du aus deinem Keller herauskommst».

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